Ein Zusammentreffen mit einer Gruppe junger Männer im Stuttgarter Schlossgarten im Dezember 2013 ist eskaliert. Zwei heute 20-Jährige aus Murrhardt haben sich dafür jetzt in einem Prozess vor dem Waiblinger Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung verantworten müssen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Sie hatten eigenen Angaben zufolge nur ein paar Euro zusammenschnorren wollen, um sich vor der Heimfahrt nach Murrhardt noch ein kleines Mahl in einem Schnellrestaurant gönnen zu können. Doch dann ist ein lange Zeit freundschaftliches Gespräch unter jungen Erwachsenen im Dezember 2013 im Stuttgarter Schlossgarten eskaliert. Zwei heute 20-Jährige aus Murrhardt haben sich dafür am Dienstag in einem Prozess vor dem Waiblinger Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung verantworten müssen.

 

Reichlich Alkohol im Spiel

Jens A. und Wolfgang B. (alle Namen geändert) hatten an jenem Abend schon einigen Alkohol zu sich genommen. Zweieinhalb der drei Flaschen Sekt, welche sie mitgebracht hatten, um auf der Königstraße und später im Schlossgarten „ein bisschen zu reden“, sollen geleert worden sein. Wahrscheinlich war es noch ein bisschen mehr. Später jedenfalls wurde bei A. ein Blutalkoholwert von 0,8 Promille gemessen, zwei Promille waren es bei B. Weil sie noch Hunger, aber kein Geld mehr hatten, beschlossen sie, Passanten um ein paar Cent anzubetteln. Als sie eine Gruppe von drei etwa gleichaltrigen jungen Männern in einer etwas abgelegenen Ecke des Schlossgartens ansprachen, stießen sie nicht auf grundsätzliche Ablehnung. Es habe sich ein lockeres, fast freundschaftliches Gespräch entwickelt, das bestätigten auch die Angesprochenen als Zeugen vor Gericht. Die Dreiergruppe, die weiterziehen wollte, um in einem Club zu feiern, soll sogar erwogen haben, den beiden den Eintritt zu bezahlen, damit diese mitkommen könnten.

Das jedoch lehnten diese nicht nur ab, urplötzlich kippte die Stimmung. Wolfgang B. wurde aggressiv, weil er, wie er vor Gericht sagte, nicht verstanden habe, warum ihn das Trio zwar einladen, aber kein Geld rausrücken wollte. Es folgte eine Rangelei, in deren Verlauf der sportlich gestählte Murrhardter mit einer erhobenen Sektflasche drohte und schließlich einen Faustschlag im Gesicht eines seiner neuen Bekannten landete. Das Opfer war derart eingeschüchtert, dass es freiwillig die Brieftasche zückte und seinem Peiniger einen Zehn-Euro-Schein aushändigte. Der schnappte sich das Geld und machte sich mit seinem Kumpel davon.

Handy bei Polizei abgegeben

Erst später, nach einem Imbiss in einem Schnellrestaurant, habe er in seiner Jackentasche ein Handy bemerkt, das weder ihm noch seinem Freund gehörte. Wie es da hineingekommen war, könne er sich nicht richtig erklären, sagte B. vor Gericht. Jedenfalls suchten die beiden Murrhardter noch am selben Abend die nächstgelegene Polizeidienststelle im Hauptbahnhof auf, um das Mobiltelefon, das einem der Opfer aus der Hand gefallen war, dort abzugeben. Etwa zur selben Zeit hatten die Angegriffenen ebendort Anzeige erstattet.

Die Polizei hätte die Identität der Täter vermutlich niemals ermittelt, wenn diese das Handy nicht zurückgegeben hätten, konstatierte der Vorsitzende Richter des Schöffengerichtes, Martin Luippold. Nicht nur deshalb betonte er, dass die Angeklagten deutlich von seiner „normalen Klientel“ in einer solchen Anklage abwichen. Beide hätten sich bisher nichts zuschulden kommen lassen, bei beiden könne man davon ausgehen, dass sich so etwas nicht mehr wiederhole. Dennoch müsse Wolfgang B. zu spüren bekommen, dass er anderen wehgetan habe, physisch wie psychisch. B., der noch die Schulbank drückt, muss nun binnen drei Monaten 80 Arbeitsstunden ableisten und 250 Euro Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen. A. wurde wegen eines mangelnden Tatbeitrags freigesprochen. Dass er nicht eingegriffen habe, sei nicht schön, aber auch nicht strafbar.