Eine Schlägerei im Winnender Holunderweg beschäftigt das Waiblinger Schöffengericht. Am Ende steht ein Freispruch, da kein Zeuge den Angeklagten belastet.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Rangeleien oder gar Schlägereien zwischen mehreren betrunkenen Männern aufzuklären, ist keine einfache Aufgabe. So musste das Waiblinger Schöffengericht am Montag sechs Zeugenaussagen würdigen, um sich ein Bild von der Situation zu machen, die am Abend des 27. September 2016 auf dem Holunderweg in Winnenden herrschte. Dort waren acht bis zehn Flüchtlinge aus Gambia in Streit geraten. Diese waren zuvor alle auf dem Cannstatter Volksfest gewesen und hatten dort ordentlich getrunken, ihre Alkoholwerte lagen zwischen 1,1 und 1,8 Promille.

 

Unterwegs gibt es Streit zwischen Betrunkenen

Laut der Anklage war der Sachverhalt eindeutig. Danach soll ein 36-jähriger aus dieser Gruppe einen 21-Jährigen geschlagen und getreten und ihm schließlich den Geldbeutel mit Bargeld und seine EC-Karte abgenommen haben. „Er ist mein Bruder“, behauptete das Opfer im Zeugenstand, als er gefragt wurde, ob er mit dem Angeklagten verwandt sei. Auf die Nachfrage der Dolmetscherin, ob er „in Blood or Marriage“ mit dem Mann in Beziehung stehe, schüttelte er aber energisch den Kopf. Er sei wie ein Bruder, erklärte er – ganz anders als einer der Kumpel des Angeklagten mit dem Spitznamen Dede.

„Dede ist der schlimmste“, konstatierte der 21-Jährige, dieser habe ihn geschlagen. Überhaupt habe das Ganze nicht mit einer Auseinandersetzung mit ihm, sondern mit einem Kumpel begonnen. Auf dem Weg vom Winnender Bahnhof zur Unterkunft habe es Streit gegeben. Er habe versucht zu schlichten, da seien die anderen auf ihn losgegangen. Im Verlauf dieser Rangelei habe er einem der aggressiven Streithähne einen kräftigen Schubs verpasst, worauf dieser in den Zipfelbach gefallen sei, der neben dem Holunderweg fließt. Sein Kumpel habe weglaufen können, worauf er geschlagen und getreten worden sei – von Dede.

Einsilbige und gar keine Aussagen

Jener Dede brachte als Zeuge allerdings auch nicht mehr Licht ins Dunkel, da er auf Anraten seiner Anwältin nichts sagte. Das ist nach der Strafprozessordnung sein gutes Recht. Genauso wie der Angeklagte nichts zu den Vorwürfen sagen musste. Er sagte nur, dass er in seiner Heimat als Automechaniker gearbeitet habe und vor drei Jahren nach Deutschland gekommen sei.

Ein Dritter aus der Gruppe, den die Polizei identifizieren konnte, musste vorgeführt werden. Er sitzt mittlerweile wegen eines anderen Vorwurfs in Stuttgart in Untersuchungshaft. Doch auch diese Wartezeit brachte keine weiteren Ergebnisse. „Ich war betrunken“, lautete die einsilbige Aussage des Mannes, der sich an Details nicht mehr erinnern konnte.

Beweisaufnahme entlastet den Angeklagten komplett

Statt schwerer Raub, weshalb der 36-Jährige angeklagt worden war, stehe eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung im Raum, sagte der Vorsitzende Richter. „Und auch diese steht auf tönernen Füßen“, da während der Verhandlung nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Angeklagte mit einer Wodkaflasche zugeschlagen hatte. Schließlich wurde er freigesprochen – „aus tatsächlichen Gründen“, so der Richter, also nicht nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten".