Ein 20-Jähriger nimmt seine 17-jährige Freundin ohne deren Wissen beim Geschlechtsverkehr auf. Als sie mit ihm Schluss macht, droht er mit der Veröffentlichung. Dafür hat er sich jetzt vor Gericht verantworten müssen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Warum er sich und seine damals 17-jährige Freundin mit einem unter einem Kissen aufgestellten Smartphone im Mai des vergangenen Jahres in einer Wohnung im Remstal heimlich beim Geschlechtsverkehr gefilmt hat, konnte der heute 20-jährige Angeklagte bei der Verhandlung vor dem Waiblinger Amtsgericht angeblich selbst nicht mehr so recht nachvollziehen. Er habe aber versucht, die Aufnahmen so zu gestalten, dass die handelnden Personen nicht zu erkennen seien, versicherte er.

 

„Zwei Minuten, die dein Leben zerstören“

Etwa vier Monate später nutzte er das Video indes, um die junge Frau, die sich mittlerweile von ihm getrennt hatte, unter Druck zu setzen. Über ein gängiges Nachrichtenübermittlungsprogramm schickte er seiner Ex einen Bildauszug aus dem Video auf deren Handy – unter anderem garniert mit dem Kommentar „Genau zwei Minuten, die dein Leben zerstören“ und der Drohung, den Streifen an ihren neuen Freund zu verschicken oder im Internet hochzuladen. Unüberlegt sei das gewesen, räumte der Angeklagte ein, der sich vor Gericht selbst verteidigte. Er habe wohl „dumme fünf Minuten“ gehabt, aber die Sache mit seiner früheren Freundin längst einvernehmlich geklärt. Das Video sei gelöscht, die Gerichtsverhandlung deshalb eigentlich gar nicht nötig.

Dass dem nicht so ist, versuchte die Amtsrichterin Bayer dem 20-Jährigen im Verlauf der Verhandlung mehrfach klarzumachen. „Verstehen Sie, dass das, was Sie getan haben, eine Straftat und nicht nur eine Sache unter Ihnen beiden ist?“, fragte sie. Wie er selbst erzählt habe, stamme das Mädchen aus einem äußerst strengen und konservativen Elternhaus. Der Vater wäre aus allen Wolken gefallen, wenn er erfahren hätte, dass seine Tochter überhaupt mit einem Mann intim gewesen war. Doch auch auf die Frage „Verstehen Sie, welche Angst Ihr Opfer gehabt haben muss, weil es Ihnen mit dem Video ausgeliefert war?“, erhielt die Richterin zur Antwort nicht viel mehr als ein Achselzucken.

Auch der Staatsanwalt registrierte bei der Vernehmung des Angeklagten eine „nicht gerade ausgeprägte Einsicht in die Schwere der Tat“. Sein Geständnis sei positiv anzurechnen, gleichwohl müsse ihm angesichts seiner massiven Drohungen gegenüber dem Opfer eine „spürbare Geldauflage“ gemacht werden.

Kein Handy für die Cousins

Die Richterin verurteilte den 20-Jährigen wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ sowie wegen Nötigung zur Zahlung von 800 Euro an den Verein Frauen helfen Frauen. Ob er 200 Euro davon seinem Opfer zugutekommen lässt, ist dem 20-Jährigen selbst überlassen. Weil die Geschädigte bei ihrer Zeugenvernehmung unter Ausschluss der Öffentlichkeit eindringlich darum gebeten habe, keinerlei Post vom Gericht in ihr Elternhaus zu erhalten, habe man auf eine direkte Schmerzensgeldanordnung verzichtet.

Keine Entscheidungsmöglichkeit allerdings hat der 20-Jährige bezüglich seines Smartphones. Dieses wird als sogenanntes Tatmittel vom Staat eingezogen. Der Angeklagte hatte in seinem Schlusswort noch betont, er hätte es gerne zurück, angeblich, weil er es seinen Cousins vermachen wolle. Doch daraus wird nichts. „Wenn Sie Ihren Cousins eine Freude machen wollen, müssen Sie sich etwas anderes einfallen lassen“, beschied die Richterin.