Ein Fußballfan, der sich nach dem 7:1-Sieg gegen Brasilien im Halbfinale der Fußballweltmeister-schaft im Stadttunnel in Fellbach rechtsextrem verhalten haben soll, wird freigesprochen.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Waiblingen - Der historische 7:1-Sieg gegen Brasilien im Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft 2014 wurde auch in Fellbach gefeiert. Allerdings kam es im Stadttunnel zu unschönen Szenen. Einige vermummte Fans riefen nationalsozialistische Parolen wie „Sieg Heil“, grölten rassistische Lieder und zeigten den Hitlergruß.

 

Auch Matthias K. (alle Namen geändert) wurde verdächtigt, sich in der Nacht zum 9. Juli rechtsextrem verhalten zu haben. Weil er gegen einen Strafbefehl Einspruch erhoben hatte, stand der junge Mann wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor dem Amtsgericht in Waiblingen.

Richter Kirbach gibt dem 21-jährigen Angeklagten einen Exkurs in Geschichte

Der Angeklagte erklärte dem Richter Kirbach, dass er im Stadttunnel weder den Hitlergruß gezeigt, noch „Sieg Heil“ gerufen habe. Er hätte lediglich mit anderen Fußballfans gefeiert. Ins Visier der Polizei sei er nur geraten, weil sein Kumpel Björn F. eine Flagge in den Farben Schwarz-Weiß-Rot dabei hatte. Richter Kirbach gab dem 21-jährigen Angeklagten einen Exkurs in Geschichte und erklärte ihm, dass es sich bei der Fahne nicht – wie oft fälschlicherweise behauptet – um die Reichskriegs-flagge der Nationalsozialisten, sondern um die Flagge des Deutschen Kaiserreichs handelt. „Diese ist nicht verboten, weil sie kein Nazi-Symbol ist.“

Der Zeuge – ein Kumpel – entlastet den Angeklagten

Sein Kumpel Björn F. hatte ebenfalls einen Strafbefehl bekommen, diesen jedoch akzeptiert. Nun saß er als Zeuge im Gerichtssaal. Der 24-Jährige gab sich betont lässig: „Man hat nur Party gemacht und die Nationalhymne gesungen“, sagte der Fellbacher. Warum er dann den Strafbefehl akzeptiert hat, wollte der Vorsitzende des Gerichts wissen. „Ist mir egal, die 700 Euro zahle ich“, sagte Björn F. Der Zeuge entlastete den Angeklagten, indem er erzählte, dass er mit Matthias K. nur gemeinsam aus dem Stadttunnel hinausgelaufen war. „Drinnen haben wir überhaupt nicht zusammen gefeiert.“

Carlo F. sagte ebenfalls als Zeuge vor Gericht aus. Er und ein Freund hätten der Polizei von den Vorfällen im Tunnel berichtet. „Wir wollten nichts mit den Rechten zu tun haben“, erklärte der 17-Jährige. Den Beamten hatten sie von Männern in schwarzen Kapuzenpullis erzählt, die einen Schal vor dem Gesicht trugen und Nazi-Parolen grölten. Daraufhin sprachen die Polizisten Matthias K. und Björn F. an.

Licht ins Dunkel sollen Videoaufnahmen bringen

Licht ins Dunkel sollten Videoaufnahmen bringen, die der Polizei zugespielt wurden. Darauf bestätigten sich die Schilderungen des Zeugen Carlo F. Zu sehen war unter anderem, wie ein junger Mann die Hand zum Hitlergruß hebt. Allerdings waren die Gesichter vermummt, sodass man niemand erkennen konnte. Eine Verurteilung kam deshalb für die Staatsanwältin nicht in Betracht: „Der Anklagevorwurf hat sich nicht bestätigt.“ Der Richter Kirbach sprach Matthias K. daraufhin frei. „Die Zeugen konnten die Täter nur allgemein beschreiben“, begründete er sein Urteil.