Das Waiblinger Amtsgericht verhängt eine Bewährungsstrafe von 15 Monaten über einen 38-Jährigen, der in einem Weinstädter Supermarkt beim Stehlen ertappt worden ist. Die Untersuchungshaft war für den Mann besonders hart, da er kein Wort Deutsch versteht.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Mit hängenden Schultern und melancholischem Gesichtsausdruck wird der schlaksige Angeklagte von einem Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt. Kein Wunder, dem Mann geht es ziemlich schlecht. „Er ist sehr haftempfindlich, weil er wirklich kein Wort Deutsch versteht oder spricht“, sagt sein Verteidiger, nachdem das Schöffengericht unter Vorsitz von Steffen Kärcher zusammengetreten ist. Der Mann aus Algerien sitzt seit August in Untersuchungshaft, nachdem es vor einem Supermarkt in Weinstadt-Beutelsbach zu einem Gerangel zwischen ihm und einem Ladendetektiv gekommen war.

 

Mit drei Melonen als Beute die Flucht angetreten

Gegen 22.17 Uhr war der Angeklagte am 4. August in den Supermarkt gegangen, obwohl er dort Hausverbot hatte. „Ich habe ihn gesehen und habe ihn aufgefordert zu gehen“, berichtet der 46-jährige Sicherheitsmann im Zeugenstand. Der Angeklagte habe sich daraufhin umgedreht und sei zum Ausgang gegangen. Dort habe er etwas genommen, sagt der Detektiv, weshalb er hinter ihm hergelaufen sei. Drei Melonen hatte der 38-Jährige mitgehen lassen, wie er vor Gericht ohne zu zögern gestand.

Als sein Verfolger ihn erreichte, war er gerade dabei, die Wassermelonen auf dem Gepäckträger seines Fahrrades zu verstauen. Er versuchte zu fliehen, doch der Detektiv konnte ihn festhalten. Verzweifelt versuchte der Angeklagte sich loszureißen. Als ihm das nicht gelang, biss er seinem Kontrahenten in den rechten Unterarm. Dieser ließ daraufhin los, setzte aber zusammen mit einem Kollegen dem wieder wegrennenden Mann nach. Schließlich konnten beide den angetrunkenen Ladendieb zu Boden ringen und festhalten.

„Er hat immer wieder versucht, in seine Hosentasche zu greifen“, sagt der Detektiv. Wie sich später herausstellte, hatte der Angeklagte ein Schweizer Taschenmesser bei sich. Ob er es in einer der Hosentaschen hatte, ist nicht klar. „Er hat uns von sich aus alles gegeben, was er bei sich hatte“, sagt ein Polizist, der den 38-Jährigen schließlich festnahm. „Aus welcher Tasche er das Messer gezogen hat, kann ich nicht sagen.“

Der Verteidiger plädiert für eine Bewährungsstrafe

Auf jeden Fall hat der 38-Jährige damit ein Verbrechen begangen. Schwerer Raub und Körperverletzung klagt der Staatsanwalt an und fordert schließlich neun Monate Haft ohne Bewährung. Der Verteidiger stellt dagegen das Strafmaß in das Ermessen des Gerichts. Ihm ist wichtiger, dass sein Mandant Bewährung bekommt. „Bei meinen Besuchen im Gefängnis sind mehrmals Tränen geflossen“, schildert er den Zustand seines Mandanten in der Haft.

Schließlich lässt das Schöffengericht den Mann springen. 15 Monate auf Bewährung lautet das Urteil. Vorbestraft war der 38-Jährige bisher nicht, mehrere Verfahren wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs wurden eingestellt. „Bisher haben Sie in Deutschland außer Straftaten nichts zustande gebracht. Es sind keine Integrationsbemühungen zu erkennen “, rügte Kärcher in der Urteilsbegründung. Als Auflage verhängte das Gericht 60 gemeinnützige Arbeitsstunden, die der 38-Jährige in sechs Monaten leisten muss.