Andreas Hinkel gehörte zu den „Jungen Wilden“ beim VfB Stuttgart und beendete beim SC Freiburg seine Karriere. Im Brustringer-Interview spricht er über die Rollenverteilung im Pokal-Halbfinale und seine 50 Ideen für die Zukunft.

Stuttgart - Andreas Hinkel wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern noch in Freiburg. Dort, wo er im September 2012 seine Karriere beendet hat. Von der nächsten Saison an wird der 31-Jährige aber wieder deutlich öfter in Stuttgart zu sehen sein. Dort, wo er 2001 sein Profidebüt gab, Vizemeister wurde (2003) und zum Nationalspieler aufstieg. Denn Hinkel wird Trainer der U-12-Junioren beim VfB.

 

Vor dem Halbfinale im DFB-Pokal zwischen Stuttgart und Freiburg am Mittwochabend spricht der ehemalige Rechtsverteidiger im Brustringer-Interview über Stuttgarter Belastungen, das Freiburger Überlebensmodell und Unnatürliches in der Fußballszene.


Herr Hinkel, bisher war der größte Rivale des VfB in Baden der Karlsruher SC. Könnte sich das nach dem Halbfinale ändern?
Der SC Freiburg ist sportlich schon längst am KSC vorbeimarschiert. Aber er wird dem VfB die Vormachtstellung in Baden-Württemberg nicht streitig machen und immer der kleinere Club bleiben. Dort ticken die Uhren eben etwas anders. Auch wenn sie jetzt im Breisgau wieder einmal etwas Besonderes geschaffen haben, wird es für den SC immer um den Klassenverbleib gehen. Junge Spieler auszubilden und sie dann zu verkaufen, wird das Überlebensmodell bleiben.

Wen sehen Sie am Mittwochabend im Vorteil?
Keinen. Die Freiburger zeigen zwar die stabilere Saison und überzeugen mit ihrem Kombinationsspiel, aber der VfB ist körperlich stärker, hat die besseren Einzelspieler und ein Heimspiel. Da beide Mannschaften gut in der Defensive organisiert sind, werden Kleinigkeiten entscheiden – vielleicht eine Standardsituation. Es wird auf jeden Fall ein enges Duell.

Vom Tabellenstand her sind die Freiburger favorisiert. Warum spielen sie so eine starke Saison?
Ich habe ja noch einige Zeit unter Christian Streich trainiert und ich muss sagen: er stellt die Mannschaft die komplette Woche über perfekt auf den Gegner ein. Er berücksichtigt alle Kleinigkeiten und geht auch bei den Standards sehr ins Detail. Außerdem hat Streich viele junge Spieler, die schnell lernen und sich noch steigern.

Was zeichnet Christian Streich noch aus?
Er sagt, was er denkt und gibt sich natürlich – für die Fußballszene ist das unnatürlich. Das sorgt für Aufsehen und lockt mehr Medien nach Freiburg. Ansonsten hat er ein gutes Gespür dafür, wann er gegenüber der Mannschaft lauter werden muss, und wann es besser ist sie zu loben. Zuckerbrot und Peitsche beherrscht er sehr gut. Eine spannende Frage ist, ob er bei einem anderen Verein als Freiburg ebenso erfolgreich sein würde. Oder ob er das ruhige Umfeld dort benötigt.

Beim VfB ging es in dieser Saison alles andere als ruhig zu. Wie erklären Sie sich diese wechselhafte Spielzeit?
Die Stuttgarter hatten einfach mit der Dreifachbelastung Liga, Pokal und Europa League zu kämpfen. Der Kader war immer am Limit und diese hohe Belastung hat Ihre Spuren hinterlassen. So etwas ist aber völlig normal, denn in der Bundesliga geht es hinter Bayern und Dortmund sehr eng zu. Umso schöner ist es doch, dass der VfB noch die Chance auf das Pokalfinale und die Qualifikation für den Europapokal hat.

Von der nächsten Saison an werden Sie beim VfB die U-12-Junioren trainieren. Warum?
Ich suche einfach etwas Neues. Jetzt will ich mich als Trainer ausprobieren, schon im vergangenen Jahr habe ich ja meinen B-Schein gemacht. Der Job in Stuttgart ist eine schöne Möglichkeit, um in diesen neuen Bereich einzusteigen und der Jugend meine Erfahrungen weiterzugeben. Ich möchte einfach etwas für mich finden, das mir Spaß macht. Vielleicht werde ich aber auch mal in andere Bereiche des Fußballs reinschnuppern.

Sie haben für Ihre Zukunft also noch einige Ideen.
Mindestens 50. Mir fällt die Decke auf gar keinen Fall auf den Kopf. Ich bin voller Tatendrang.