Die Ministerien hat die SPD nach der Landtagswahl verloren. Jetzt gibt es noch einen aussichtsreichen Posten im Parlament, den Fraktionsvorsitz. Den will sich der ehrgeizige Kultusminister Andreas Stoch sichern.

Stuttgart - Das war ein Auftritt nach dem Geschmack des selbstbewussten Kultusministers. Mit einem großen Kongress in Fellbach hat Andreas Stoch am Mittwoch den Einstieg in den Bildungsplan zelebriert. Vom Publikum erntete der scheidende Minister dafür minutenlangen Beifall. Der 46 Jahre alte Sozialdemokrat genießt die öffentliche Bedeutung. Fachfremd hat er als Jurist das Kultusministerium übernommen, nachdem seine Vorgängerin nach nur eineinhalb Jahren abgezogen wurde. Kokett nannte er den Ministersessel „eine heiße Herdplatte“. Stoch wusste um die Untiefen des Ministeriums und er weiß, dass er sie umschifft hat. Im Ministerium, das weder als besonders SPD-affin, noch als auffallend einfach im Umgang bekannt ist, hat Stoch sich allgemeine Anerkennung erarbeitet. Scharfer Verstand und treffsichere Analyse zeichnen den Pragmatiker aus. Beim SPD-internen Streit um acht- oder neunjährige Gymnasien hat sich Stoch gegen seinen Fraktionschef Claus Schmiedel gestellt und gewonnen. Von G9, das Schmiedel wollte, spricht bei der SPD im Moment niemand mehr. Stoch kann sich zugute halten, dass die Koalition praktisch keine Lehrerstellen gestrichen hat. Er hat Struktur in die teilweise überhasteten Bildungsreformen von Grün-Rot gebracht.

 

Der selbstbewusste Schnellsprecher aus Heidenheim hätte sich dafür sicher mehr Lob vorstellen können. Der Vater von vier Kindern verfügt über ein erhebliches Quantum an politischem Gespür und Machtbewusstsein. Nicht nur er selbst, auch der ein oder andere Sozialdemokrat, schreibt Stoch deutlich mehr Charisma und eine publikumswirksamere Ausstrahlung zu, als dem SPD-Landesvorsitzenden Nils Schmid. Schon während des Wahlkampfes, als sich die Niederlage der SPD abzeichnete, brachte sich Stoch unverkennbar in Position. Auf die Fraktion hat sich Stoch von Anfang an verlassen können. Der 46-Jährige kam 2009 als Nachrücker in den Landtag und machte rasch Karriere. Schon nach zwei Jahren war der ehrgeizige Jungabgeordnete parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, Obmann in diversen Untersuchungsausschüssen und drei Jahre nach seinem Einzug ins Parlament war er Kultusminister.

Das einzige Amt, das die SPD im Land nach dem Verlust der Ministerien zu vergeben hat, ist der Posten des Fraktionsvorsitzenden. Den wird Stoch in der kommenden Woche aller Voraussicht nach bekommen und so zum neuen starken Mann in der Landtags-SPD werden. Wie sich das Zusammenspiel mit der Partei und dem Landesvorsitzenden Nils Schmid entwickelt, ist offen.