Nur wenige Asylbewerber werden als politisch Verfolgte anerkannt. Doch die Möglichkeiten, einen Aufenthaltsstatus in Deutschland zu erlangen sind vielfältig – es gibt mehr als ein Dutzend Varianten. Ein Überblick.

Stuttgart - Flüchtlinge, Asylbewerber, Migranten – macht das einen Unterschied? Darf man in Deutschland bleiben nach Paragraf 60a Aufenthaltsgesetz oder nach Paragraf 3 Asylverfahrensgesetz oder gar nach Artikel 16a Grundgesetz? Die Vielfalt an Begriffen legt offen, zu welchem Stückwerk die deutsche Rechtslage geraten ist, weil sie auf unterschiedlichste Herausforderungen im Umgang mit Flüchtlingen Antworten geben will. Mehr als ein Dutzend Varianten für einen Aufenthaltstatus in der Bundesrepublik sind möglich. Wer soll das verstehen? Sicher keiner, der etwa im syrischen Aleppo seine Zelte abbricht.

 

Hunderttausende strömen derzeit ins Land und begehren Asyl. 2014 sind aber nur 1,8 Prozent von ihnen als asylberechtigt anerkannt worden. Erstaunlich: von den am 31. Dezember 2014 in Deutschland lebenden 38 300 Asylberechtigten kam ein Drittel aus – der Türkei. Aus einem Land also, das mit einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union in Zusammenhang gebracht wird. Für diese Zahl dürften vor allem Kurden stehen, die schon lange im Land sind. In jüngerer Vergangenheit gibt es kaum noch Asylanträge aus der Türkei.

In Baden-Württemberg lebten Ende 2014 exakt 5488 Asylberechtigte; 2008 waren es 9007. Die Linke im Bundestag fragt diese Zahlen regelmäßig bei der Bundesregierung ab. Angesichts der Anerkennungsquote ist es verwirrend, von Asylbewerbern zu sprechen. Tatsächlich erhält nämlich ein viel höherer Anteil der Menschen, die ins Land kommen, einen Schutz. Im Vorjahr waren es 31,5 Prozent.

Die von Bürgerkrieg Bedrohten werden nach der Genfer Flüchtlingskonvention geschützt

Diese Diskrepanz ergibt sich aus der Definition. Asyl erhält, wer aufgrund seiner Rasse, Religion, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt wird – und zwar von Staats wegen. Rechtlich davon unterschieden wird, wer einer nicht staatlichen Gewaltbedrohung ausgesetzt ist, etwa in einem Bürgerkrieg (eine allgemeine Notlage zählt freilich nicht dazu). Er kann nach der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz erhalten. Im vergangenen Jahr galt das für 24 Prozent der beschiedenen Asylanträge. Mehr als 60 Prozent dieser Geschützten kommen aus Syrien. Zusammen mit Irakern, Afghanen und Somalis stellen sie 80 Prozent der Flüchtlinge. Das besagen Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf).

Man kann davon ausgehen, dass die Zahlen angesichts der wachsenden Flüchtlingsströme steigen werden. Bisher verlief die Entwicklung eher moderat. In Baden-Württemberg zum Beispiel lebten Ende 2014 rund 11 500 Personen mit Flüchtlingsschutz; 2008 waren es 8200.

Eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung gibt es weder für Asylbewerber noch für Flüchtlinge

Weder Asylberechtigte noch Flüchtlinge haben eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung. Sie gilt zunächst für maximal drei Jahre. Dann prüft das Bamf, ob sich die Verhältnisse in den fraglichen Ländern geändert haben, der Bürgerkrieg beendet ist oder ein Regimewechsel stattgefunden hat. Wenn dem so ist, muss der Status widerrufen werden.

Das passiert auch. So lebten Ende 2014 knapp 22 000 Menschen in Deutschland, deren Schutzstatus widerrufen oder zurückgenommen wurde. Fast ein Drittel davon waren Kosovaren, die ins Land gekommen waren, als auf dem Balkan Bürgerkrieg herrschte. Der Widerruf des Schutzstatus’ bedeutet aber nicht zwingend, dass auch das Aufenthaltsrecht verloren ist, „da in vielen Fällen bereits aus anderen Gründen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht besteht“, wie es in einer Schrift des Bundesinnenministeriums heißt. Fast 77 Prozent der im Land lebenden Menschen mit widerrufenem Flüchtlingsstatus hatten unbefristete Aufenthaltsrechte – etwa, weil sie schlicht ins Alltagsleben integriert sind.

Das Dickicht der Paragrafen ist beträchtlich

Spätestens ab hier gerät man ins Paragrafendickicht. Auch wer keinen Asyl- oder Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen hat, muss nicht zwingend ausreisen. Im Aufenthaltsgesetz sind in zehn Absätzen völkerrechtliche oder humanitäre Fälle geregelt, in denen eine Abschiebung grundsätzlich verboten ist oder zumindest ausgesetzt wird. Im letzteren Fall erhält der Betreffende eine Duldung. Der Unterschied liegt in Befristung und bei Sozialleistungen. Die Duldung gilt zunächst sechs Monate.

Darauf lässt sich aber aufbauen. Am 31. Dezember 2014 lebten in Deutschland 113 000 Menschen mit einer Duldung – davon 23 000 länger als zehn Jahre. Im Südwesten gab es allein 13 000 Geduldete. „Einem geduldeten Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt werden“, wenn die Agentur für Arbeit nichts dagegen hat. So heißt es im Aufenthaltsgesetz.

Und das ist nur eine Möglichkeit. „Gut integrierte Jugendliche“ zum Beispiel können ebenfalls einen Aufenthaltsstatus bekommen, etwa wenn sie seit mindestens vier Jahren die Schule besuchen. Auch deren Eltern können davon profitieren. Das sind freilich nicht viele: 27 qualifizierte Geduldete waren am 31. Dezember 2014 in Baden-Württemberg erfasst sowie 397 gut integrierte Jugendliche.

Wer überhaupt keinen Titel hat, müsste eigentlich sofort ausreisen. Auch das gibt es, Ende 2014 waren es noch überschaubar viele, im Südwesten 3816 Personen.

// Die StZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Flüchtlinge unter
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