Angus and Julia Stone tun sich in der Liederhalle erst schwer mit ihrem ausverkauften Konzert. Doch ausgerechnet bei einem Lindenberg-Hit bricht das Eis - und der Abend fühlt sich an wie eine hippieeske Yoga-Session.

Stuttgart - Wenn Yoga ein Konzert wäre, wären Angus and Julia Stone die Gurus. Mit ihrem Repertoire, das sich zwischen Folk, Indie-Pop und sehr reduzierten akustischen Klängen bewegt, bringen die Geschwister ihre Zuhörer in eine Art meditative Tanz-Trance. Jeder schwoft, dem Tempo und Platzangebot entsprechend, vereinzelt durch die Reihen, dennoch herrscht eine gewisse Verbundenheit im Saal und am Ende sind alle glückselig.

 

Doch zurück zum Anfang. Es ist Freitagabend und das australische Duo Angus and Julia Stone promotet im Rahmen einer Tournee sein aktuelles und viertes Studioalbum „Snow“, das vor knapp einem Monat veröffentlicht wurde. Ein Konzert bringt das Geschwisterpaar auch nach Stuttgart in die Liederhalle. Bereits kurz nach dem Einlass um 19 Uhr sichern sich die ersten Fans ihren Platz in den vorderen Reihen. Der Hegel-Saal ist schließlich ausverkauft und im Raum vor der Bühne heißt es stehen statt sitzen. Den Singer-Sonwriter Isaac Gracie freut es. Der Engländer aus London hat als Opening Act das Glück, bereits um 20 Uhr vor vollen Rängen zu spielen.

Beinahe pünktlich treten dann auch um Viertel nach neun Angus and Julian Stone mit ihrer Band auf die Bühne. Als Kulisse dienen eine Videowand, die sich über den gesamten Bühnenhintergrund erstreckt, und ein riesiger Totempfahl, an dessen Spitze ein Vogelkopf mit leuchtenden Augen in die Menge starrt. Mit einer Trompeteneinlage eröffnet Julia Stone die Show. Sie trägt ein weißes Häkelkleid und Blumen im Haar. Angus begleitet sie mit einer halbakustischen Gitarre, die mit floralen Zeichnungen und dem Bild eines Traumfängers und eines Löwen geschmückt ist.

Die beiden wirken wie aus der Zeit gefallen: zwei Hippies im schicken Hegel-Saal. Beide Künstler treten schüchtern auf, fast introvertiert. Julia steht mädchenhaft mit überkreuzten Beinen vor dem Mikrophone und nuschelt zaghaft Ansagen hinein. Angus spricht kaum direkt mit dem Publikum. Es dauert seine Zeit bis die beiden Künstler wirklich in diesem Konzert ankommen.

Ein Lindenberg-Hit bricht das Eis

Das Eis bricht ausgerechnet ein Lied von Udo Lindenberg. „Wir probieren etwas aus“, erklärt Julia dem Publikum. „Seid bitte nett zu uns“. In solidem Deutsch spricht sie schließlich über den Song „Durch schwere Zeiten“ und weshalb er sie bewegt. Mit zerbrechlicher Ehrlichkeit beginnt Julia den Lindenberg-Hit und ergreift das Publikum mit ihrem überwältigendem Gefühl.

Spätestens an diesem Punkt ist klar: Es geht den beiden Künstlern aus Sydney zu keinem Zeitpunkt um ihre Selbstdarstellung, sondern immer um ihre Lieder. Die „Show“ übernehmen die Bühneneffekte: grelle Clips flackern passend zum Sound über die Videowand und beim Titel „Snow“ rieselt Kunstschnee auf die Köpfe der Zuhörer. Angus and Julia kümmern sich um die Musik. Die beiden Multiinstrumentalisten wechseln zwischen Gitarre, Bass, Trompete, Mundharmonika, Schellenkranz und Keyboard und begeistern ihre Zuhörer mit souveränen Solos. Wenn ihr Gesang sich in den Liedern trifft, erkennt man die besonderen Harmonien, wie sie nur Geschwister haben können.

Das Publikum bedankt sich mit viel Applaus und guter Stimmung. Nach eineinhalb Konzertstunden mit bekannten Titeln wie „Big Jet Plane“ und „For You“ verlassen Angus and Julia Stone die Bühne, um für drei Zugaben zurückzukehren. Sie verabschieden sich schließlich mit dem Lied „Nothing else“ und den Zeilen „I like you just the way you are“. Stuttgart liked you back. Namaste!

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