Die anhaltende Trockenheit führt zu niedrigen Wasserständen in den Flüssen. Auf dem Rhein leidet bereits die Schifffahrt darunter. Die Frachter können nicht mehr voll beladen fahren. Der Güterumschlag geht zurück.

Stuttgart - Der trockene Sommer wird nun im Herbst zum Problem. Nicht nur für die Landwirtschaft und die Pilzfreunde, vor allem für die Binnenschifffahrt. Seit Monaten, seit Juli schon, fehlen nennenswerte Niederschläge bis hinauf in die Quellgebiete. Und das zeigt sich an den niedrigen Pegelständen des Rheins flussabwärts: Basel 496 Zentimeter, Iffezheim 97 Zentimeter, Mannheim 131 Zentimeter – so lauten die Pegelstände vom Montag um 13 Uhr. Und täglich geht der Wasserstand um ein paar Zentimeter zurück, denn aus den Bergen kommt zu wenig Nachschub.

 

An der wichtigen Marke von Kaub bei Bingen in Rheinland-Pfalz ist der Pegel schon auf 60 Zentimeter gefallen. Das ist das Nadelöhr nahe der Loreley, das die Rheinschiffe auf ihrer Fahrt zwischen Basel und Holland passieren müssen, bevor Nebenflüsse wie die Mosel wieder etwas mehr Wasser unter den Kiel bringen.

Weniger Fracht möglich

In Kaub ist der Pegel in einer Woche um sechs Zentimeter zurückgegangen. Der normale Mittelwert liegt mit 224 Zentimetern fast vier Mal höher, der niedrigste Wasserstand wurde im Hitzesommer 2003 mit 35 Zentimetern gemessen. Davon ist der Rhein jetzt noch weit entfernt, aber die Schifffahrt muss schon jetzt Last reduzieren. Wobei der Pegelstand nicht die Wassertiefe angibt, sondern eine Referenzgröße. Tatsächlich ist die Fahrrinne bei Kaub um die 150 Zentimeter tief. Aber für die neuen großen Tankschiffe mit Doppelwand ist das nicht viel, sie tauchen tiefer ein und müssen jetzt weniger Ladung aufnehmen, damit sie nicht auf Grund laufen.

„Die Güterschiffe fahren derzeit aufgrund des ‚Kleinwassers’ erheblich unter der Tragfähigkeit“, berichtet Jürgen Preiß von der Hafenverwaltung von Kehl am Rhein. Ein Tankschiff aus Karlsruhe mit einer Tragfähigkeit von 2470 Tonnen sei in Kehl dieser Tage mit gerade mal 725 Tonnen Heizöl angekommen. Ein Güterschiff aus Antwerpen mit einer Tragfähigkeit von normalerweise 3200 Tonnen hatte nur 600 Tonnen an Bord.

Kraftwerke ohne Kohle?

Im Mannheimer Hafen lag der Pegel am Dienstag mit 131 zwar noch um einiges über dem Rekordtiefstand von nur noch 92 Zentimeter im Sommer 2003. Bereits im Oktober lag der Umschlag in Mannheim aufgrund neun Prozent unter dem des Vergleichsmonats 2014. Man habe derzeit deshalb zwar deutlich mehr, dafür aber kleinere Schiffe mit weniger Ladung als sonst im Hafen, erklärte eine Sprecherin.

Beim Großkraftwerk Mannheim, das seine Kohle sowohl über das Wasser wie auf dem Schienenweg bezieht und das zu den großen Kunden des Hafens zählt, rechnet man damit, dass sich die Situation am Rhein noch weiter verschlechtern wird. Die Kohlehalden des Unternehmens seien zwar so dimensioniert, dass man zeitliche Engpässe überbrücken könne. Nach der jetzt schon sehr lange anhaltenden Trockenheit könne man aber eine Verschärfung der Versorgungslage in nächster Zeit nicht ausschließen, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Dies werde aber allenfalls zu Einschränkungen beim der Stromproduktion führen, die Bereitstellung von Fernwärme sei zu jeder Zeit gewährleitstet.

Umschlagzahlen gehen zurück

„Aufgrund des Niedrigwassers kommt es zu einer Verkehrsverlagerung von der Wasserstraße auf die Bahn“, betont Jürgen Preiß Der Rheinhafen Kehl kann das kompensieren, weil er über 42 Kilometer Anschlussgleise verfügt. Ware muss also nicht wochenlang im Hafen dümpeln. Und doch gehen die Umschlagzahlen zurück. „Beim wasserseitigen Schiffsgüterumschlag verzeichneten wir im September mit 19 Prozent und im Oktober mit 23 Prozent deutliche Rückgänge gegenüber den Monaten des Vorjahres“ bilanziert der Kehler Hafenverwalter. Insgesamt liege das Ergebnis beim Schiffsgüterverkehr in den ersten zehn Monaten rund 60 000 Tonnen unter dem Vorjahresniveau. Die Bahntransporte haben in den ersten zehn Monaten hingegen um 370 000 Tonnen oder 21 Prozent zugenommen. Die Branche muss wohl mit „Kleinwasserzuschlägen“ reagieren.

„Ja, wir kommen jetzt in den kritischen Bereich“, sagt Gerhard Ströhlein vom Wasser- und Schifffahrtsamt Freiburg. Der sogenannte „gleichwertige Wasserstand“, den die Schifffahrt in der Fahrrinne braucht, beträgt 210 Zentimeter, da ist man längst drunter. „Wir haben ständig Messboote draußen“, betont Ströhlein. Sie können Schiffe davor bewahren, auf Grund zu laufen, aber der Schifffahrt helfen könnte nur eins: Kräftiger und anhaltender Regen.