Es müssen nicht immer Aktien, Fonds oder Gold sein. Auch in andere Dinge können Anleger ihr Geld in der Niedrigzinsphase anlegen. Auf der Anlegermesse Invest in Stuttgart können sich die Besucher über verschiedene Alternativen informieren. Doch Verbraucherschützer raten zur Vorsicht.

Stuttgart - Den Messestand von Laura Germann hört man am Freitagnachmittag noch bevor man ihn sieht: Es werden Kompositionen von Mozart und Beethoven auf Bratsche und Violine gespielt. Die Hamburger Geigenbaumeisterin informiert auf der Invest, Deutschlands größter Messe für institutionelle und private Anleger, über Streichinstrumente als Anlageobjekt. Mit etwas Glück seien die Produkte europäischer Hersteller wie Widhalm oder Gagliano ab einem Preis von 30 000 Euro zu erwerben. Nach oben gibt es keine Grenzen, manche Banken haben selbst wertvolle Stradivari im Besitz.

 

Die mittlere jährliche Rendite seit 1955 betrage sieben Prozent, hat Germann errechnet – und noch nie hätten solche Instrumente an Wert verloren. Wer seine musikalische Geldanlage nicht ständig in einem Tresor einschließen möchte, der könne sie beispielsweise über eine Stiftung einem begabten Musiker zur Verfügung stellen, „und ihren Klang dann in einem Konzert genießen“, sagt die Geigenbaumeisterin.

Schlüsselfertige Ferienhäuser in Norwegen ab 270 000 Euro

Die Investitionsobjekte, für die Hans-Jürgen Duggen auf der Invest wirbt, stehen in Südnorwegen, drei Autostunden von Oslo entfernt. Duggen und seine Frau Brigitte besitzen dort selbst seit sieben Jahren ein Ferienhaus. Der Kleinunternehmer aus Schleswig hat für diesen Zeitraum eine jährliche Wertsteigerung von 15 Prozent errechnet, hinzu komme noch eine regelmäßige Rendite von acht Prozent aus der Vermietung. Nun sucht Duggen im Auftrag eines norwegischen Investors nach potenziellen Käufern. Ab 270 000 Euro gibt es ein schlüsselfertiges Ferienhaus in dem Skigebiet, das durch die Nähe zu zwei Seen auch im Sommer einiges zu bieten habe, erklärt er.

Während Immobilien zu den Kapitalanlagen der Stunde zählen, führt das Edelmetall Silber eher ein Schattendasein. Zudem sei der Preis relativ starken Schwankungen unterworfen, räumt Frauke Deutsch ein. Die Münchnerin handelt mit Skulpturen aus reinem Silber. Zwei der Exemplare, die sie auf der Messe in Stuttgart zeigt, sind jeweils fünf Kilogramm schwere Bullen und Bären. Etwa die Hälfte des Preises von 5800 Euro entfällt auf den Wert des verwendeten Feinsilbers, die andere Hälfte auf die Modellierung durch den Künstler. Ihre limitierten Objekte, die sie selbst als „spannende Kombination aus Kunst und Edelmetall“ bezeichnet, seien interessant für Kunstliebhaber und Anleger, sagt Deutsch.

Nun sind Streichinstrumente oder Silberskulpturen zwar ungewöhnlich, aber keineswegs die ausgefallensten Anlageobjekte. Im Internet finden sich Experten für die Renditepotenziale von Oldtimern, Comic-Heften oder Schallplatten. Für Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, sind solche Gegenstände allerdings keine Wertanlagen. Er spricht stattdessen von Liebhaberei oder Sammlerleidenschaft: „Wenn jemand Spaß daran hat, kann er das gerne kaufen“, sagt der Verbraucherschützer. Der Besitzer sollte allerdings nicht darauf setzen, dass eine Wertsteigerung eintritt. „Es ist oft noch nicht einmal klar, ob in zehn oder 20 Jahren noch der frühere Kaufpreis dafür gezahlt wird“, sagt Nauhauser. Das gelte auch für Schmuck. Oft liege der Edelmetallwert nur bei einem Bruchteil des Kaufpreises und selbst dieser wäre Schwankungen unterworfen. Größte Vorsicht sei auch bei Spirituosen geboten. Zwar liege Whiskey gerade hoch im Trend, so Nauhauser, dieser könne sich aber auch wieder in die andere Richtung drehen.

Informierte Anleger ziehen Aktien vor

Der Durchschnittsanleger investiert sowieso lieber in herkömmliche Produkte, wie auch die gemeinsame Trend-Umfrage der Börse Stuttgart und des Deutschen Derivate Verbands (DDV) belegt. Dazu wurden 3650 Menschen befragt, alle „gut informierte Anleger, die nicht die Hilfe eines Beraters in Anspruch nehmen“. Dieser sogenannte Selbstentscheider sei der typische Invest-Besucher, sagt Michael Völter, Vorsitzender der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse. Das Ergebnis: Rund 60 Prozent präferieren Aktien, danach folgen Fonds/ETFs (19 Prozent), Derivate (12 Prozent) und Anleihen (sechs Prozent). Fast die Hälfte der Befragten rechnet mit einer Rendite von mehr als sieben Prozent, die Erwartungen der meisten anderen liegen zwischen drei und sieben Prozent. Bei der dritten Frage sollten die Anleger ihre Risikobereitschaft einschätzen: Gute die Hälfte bezeichnet sich selbst als „risikobereit“, fast 30 Prozent sogar als „spekulativ“. Mit „sicherheitsorientiert“ antworteten nur 17 Prozent. „Wer Rendite haben will, muss auch bereit sein Risiken einzugehen“, resümiert Börsenchef Völter.

Aus Sicht von Hans-Peter Burghof, Banken- und Finanzexperte von der Universität Hohenheim, müsse das Ziel der Branche sein, die Zahl der Selbstentscheider zu erhöhen. Momentan, so schätzt Burghof, machten diese höchstens fünf Prozent aller Anleger aus. Die Digitalisierung sorge allerdings dafür, dass die nächste Generation stärker in diese Gruppe hineinwachse. Das derzeitige Anlageverhalten der Deutschen bezeichnet der Fachmann dagegen als „suboptimal“ im Sinne von vorsichtig. „Ein bisschen mehr Risiko würde den Ertrag erhöhen“, ist Burghof überzeugt. Langfristig, das zeige ein Blick in die Vergangenheit, sei die Aktie ein sicheres und renditestarkes Anlageprodukt.