Annagemenia treffen mit ihrem feinfühligen, elekronischen Basspop den Nerv der Zeit. Wir haben mit den beiden über ihr drittes Album gesprochen.  

Stuttgart - 2008 in den Wagenhallen kennengelernt, in den letzten vier Jahren drei Alben veröffentlicht und über 100 Auftritte absolviert – die Chemie scheint zwischen Anna Illenberger und Michael Fiedler alias Tokyo Tower zu stimmen und ihr spezieller elektronische Sound trifft den Nerv der Zeit. Kürzlich ist ihr drittes Werk unter dem schlichten Namen „III“ erschienen, worauf filigrane wie bassige Soundlandschaften von Tokyo Tower auf die federleichte Stimme von Anna treffen.

Ihr veröffentlicht quasi wie ein Uhrwerk: Alle zwei Jahre erscheint ein Annagemina-Album. Ist der Rhythmus eher zufällig?
Michael: Nein, wir setzen uns keine Zeitlimits. Wir haben im Moment einfach viel Output und wenn genug Material da ist, das wir für fertig halten, bringen wir das unter die Leute. 2013 war ein sehr produktives Jahr, wir könnten problemlos nochmals eine Platte rausbringen. Stilistisch hätten die anderen Songs nicht auf "III" gepasst.

Das erste Album war laut eigener Aussage eine Zusammenfassung von Annas „Liederbüchlein“ und das zweite entwickelte sich während eurer zahlreichen Live-Auftritte. Und „III“?
Anna: "III" fühlt sich für mich wie ein erstes Album unserer Band an. Ich liebe unsere alten Platten, aber ich verbinde mit "III"ein neues Gefühl. Ich bin sehr gespannt, was sich alles noch so entwickelt. Es ist vielleicht etwas besonderes für mich, weil ich das Gefühl habe, dass wir auf dieser Platte so richtig als Band zueinander gefunden haben. Wir haben viel zusammen erlebt, sehr gute oder miese Erfahrungen. Das schweißt zusammen und wirkt sich auf unsere Arbeit aus. Oft denken und fühlen wir das gleiche.

„III“ wirkt im Gesamtkonzept nochmals aufwendiger.
Michael: Im Gegensatz zu den ersten beiden Platten, bei denen wir jedes einzelne Detail selbst entschieden haben, wollten wir bei unserem neuen Album andere künstlerische Sichtweisen einfließen lassen. Ein komplett Außenstehender, der uns vorher noch nicht mal kannte, Daniel Strohhäcker, hat unser Artwork gestaltet, was uns sehr bei unserer Selbstfindungsphase, letztes Jahr, sehr geholfen hat. Außerdem arbeiten wir gerade mit den Stuttgarter Filmemachern Sarah Beekmann und Harald Delgas an einer Videotrilogy mit Songs vom neuen Album. Die ersten beiden Videos sind bereits erschienen, das dritte folgt Anfang April. Die Kostüme für die Videos und auch für unsere Bühnenshow entstanden in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Künstlerin Weiny Fitui.

 


Das alles muss finanziert werden. Ende letzten Jahres habt ihr via Startnext eine Crowdfunding-Aktion gestartet. 5000 Euro sollten für die Erstauflage Vinyl und CDs zusammenkommen. Wie ist das gelaufen? Kam das Geld zusammen? Und welche Schlüsse zieht ihr daraus?
Michael: Grundsätzlich halten wir die Möglichkeit mit Crowdfunding Projekte zu realisieren sehr gut, auch wenn wir nicht das gewünschte Ziel erreicht haben. Sicher haben wir in unserer Unwissenheit ein paar Fehler gemacht oder Möglichkeiten nicht genutzt. Trotzdem würden wir es wieder probieren. Wir können es allen armen Musikern empfehlen. Und dem interessierten Publikum sagen wir: habt Mut, setzt euch damit auseinander, auch wenn es oberflächlich gesehen kompliziert scheint – was wohl das Hauptproblem war. Unterstützt eure Lieblingskünstler!

Ihr veröffentlicht beim lokalen Label Libelle, ein noch relativ junges Stuttgarter Independent-Label. Hat bei euch schon mal jemand größeres angeklopft, immerhin seid ihr ein begehrter Live-Act mit über 100 Shows im Nacken, immer ein gutes Argument für eine große Plattenfirma.
Michael: Ja, wir kriegen öfters mal Anfragen, allerdings auch viel unseriösen Kram beziehungsweise Industrieheinis, die uns künstlerisch umbiegen wollen. Trotzdem schauen wir uns alles an und sind offen für neue Wege. Bei Libelle haben wir eben viel Zeit und können uns künstlerisch so entwickeln wie wir es im Moment brauchen.

Thema Live: Die Anzahl der Auftritte sprechen für euch.
Michael: Wir sind froh, dass wir unseren Stand als Liveband festigen konnten. Wir haben ein breites Publikum und es wächst stetig. Wir kommen für verschiedenste Menschen authentisch rüber, auch bei denen, die sonst keinen Zugang zur elektronischen Musik haben. Das macht uns stolz.

Gibt es Unterschiede zwischen einzelnen Städten?
Michael: Es gibt große Unterschiede in den einzelnen Städten. Das Interessante ist, dass wir dort wo uns niemand kennt, auf verschiedenste Arten interpretiert werden. Manchmal spielen wir bestuhlte Konzerte, oder zwischen Indierockbands oder Jazzkonzerte. Das finden wir gut! Aber das bisheriges Highlight hatten wir jüngst in Stuttgart. Unser Releasekonzert im Februar in der Wagenhalle hat alles bisherige übertroffen. Es war unser größtes, eigenes Konzert und wir haben gleich noch unsere neue Bühnenshow präsentiert. Alles lief reibungslos.
Anna: Ja, unsere Release-Party in der Wagenhallen in Stuttgart hat sich für mich wirklich echt angefühlt. Endlich haben wir alle Elemente zusammengeführt, Musik, Visuals, Artwork, Kostüme und Video. Das war für mich ein besonderes Erlebnis. Aber wahrscheinlich auch weil wir die letzten Monate so durch gepowert hatten. Musik ist für mich eine Sinneserfahrung und wenn man die optischen Reize mit einbezieht, dann bekommt das alles noch mal eine andere Wirkung und Qualität. Natürlich können wir nicht alle Auftritte so aufwendig fahren wie in den Wagenhallen, aber wir bemühen uns das mögliche mitzunehmen.

Annagemenia „III“ ist bereits erschienen. Mehr Infos zur Band auf der Facebookseite oder hier und hier.