Schicksalstag für Annette Schavan: Am Dienstagnachmittag will die Universität Düsseldorf entscheiden, ob sie gegen die Bundesbildungsministerin ein Verfahren zum Entzug des Doktortitels eröffnet.

Düsseldorf - Kurz vor der Entscheidung über ein offizielles Plagiatsverfahren gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan dauert der Wissenschaftsstreit über ihre Doktorarbeit an. Der Rechtswissenschaftler Rüdiger Wolfrum kritisierte in der „Rheinischen Post“ (Dienstag) das Prüfverfahren und forderte einen zusätzlichen externen Gutachter.

 

Der Schweizer Literaturforscher Philipp Theisohn, der mehrere Bücher über Plagiate in der Wissenschaft geschrieben hat, sieht keinen Grund, Schavan die Doktorwürde zu entziehen. In der Pädagogik vor etwa 30 Jahren sei es gängig gewesen, Thesen zu sammeln und umzuschreiben, sagte er der „Rheinischen Post“. Eine bewusste Täuschungsabsicht sei daher schwer vorstellbar.

Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät will am Nachmittag in Düsseldorf zusammenkommen und darüber beraten, ob er ein Verfahren zum Entzug des Doktortitels eröffnet. Dies hatte die Promotionskommission nach Prüfung der aus dem Jahr 1980 stammenden Dissertation Schavans einstimmig empfohlen.

Der Juraprofessor Gerhard Dannemann, der beim Plagiateportal VroniPlag mitarbeitet, rechnete im Deutschlandfunk mit der Eröffnung des Verfahrens. „Diese Arbeit hätte nicht als Doktorarbeit angenommen werden dürfen. Es sind zu viele grobe Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis drin“, sagte er. Die Frage sei aber, ob angesichts „krasserer Fälle“ der Doktortitel aberkannt werden müsse. Er halte den Ausgang des Verfahrens für offen.

Schavan hat Täuschungsversuch mehrmals zurückgewiesen

Der Fakultätsrat mit 15 stimmberechtigten Mitgliedern kann ein Entziehungsverfahren ablehnen und die Untersuchung damit beenden. Das Gremium kann das Verfahren aber auch eröffnen. Dann würden die Plagiatsvorwürfe gegen Schavan weiter geprüft. Am Ende könnte sich das Gremium immer noch gegen einen Entzug des Doktortitels entscheiden. Sollte der Rat aber für die Aberkennung stimmen, hätte Schavan die Möglichkeit, innerhalb eines Monats vor dem Verwaltungsgericht dagegen zu klagen.

Die Plagiatsvorwürfe waren Ende April 2012 anonym auf einer Internetplattform erhoben worden. Schavan werden fehlende Quellennachweise und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen. Die Ministerin und enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen Täuschungsversuch mehrmals zurückgewiesen. Sie will auch im Fall eines Aberkennungsverfahrens wieder für den Bundestag kandidieren.