Nach dem Anschlag in Kabul am Mittwochvormittag hat die Bundesregierung bekanntgegeben, dass sie die Sicherheitslage in Afghanistan nicht neu bewerten werde. Die Lage in den einzelnen Provinzen sei sehr unterschiedlich.

Berlin - Nach dem Anschlag nahe der deutschen Botschaft in Kabul sieht die Bundesregierung derzeit keinen Grund für eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan. Die Sicherheitslage in den afghanischen Provinzen sei „sehr unterschiedlich“ und der Kampf gegen die Taliban und die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) „konzentriert sich auf einige der Provinzen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin.

 

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière äußerte sich am Mittag zu diesem Thema. „Es ist keine Veränderung der generellen Linie, sondern es ist eine Entscheidung, die den Umständen des heutigen Tages geschuldet ist“, sagte er in Berlin. Wegen des schweren Anschlags in Kabul hätten die Mitarbeiter der Botschaft Wichtigeres zu tun als sich mit Abschiebungen zu beschäftigen. Der Abschiebeflug werde jedoch baldmöglichst nachgeholt. „Der Außenminister (Sigmar Gabriel, SPD) und ich sind uns einig, dass in maßvoller, bestimmter Weise Rückführungen nach Afghanistan zumutbar und notwendig sind, das betrifft eben insbesondere Straftäter.“ Bei dieser Linie werde es bleiben.

Die Bundesregierung hatte zuvor einen für den Abend geplanten Abschiebeflug nach Afghanistan abgesagt. Als Begründung wurde angeführt, dass sich die Botschaftsmitarbeiter wegen des Anschlags nicht um die Ankunft des Abschiebefliegers am Kabuler Flughafen kümmern könnten.

Keine Sammelabschiebungen in den nächsten Tagen

Grundsätzlich hält die Bundesregierung an der Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus Afghanistan in ihre Heimat fest. Das Auswärtige Amt erklärte, dass die Sicherheitslage am Hindukusch „volatil und regional unterschiedlich“ sei. Daran habe sich nichts geändert, sagte eine Sprecherin. Im Vordergrund stehe derzeit nicht eine Neubewertung der Sicherheitslage, sondern die Aufklärung der Lage nach dem Anschlag.

Bei der Selbstmordattacke im Diplomatenviertel Kabuls waren am Morgen mindestens 80 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, dass gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt die Sicherheitslage in Afghanistan mit Blick auf Abschiebungen „fortlaufend“ bewertet werde. „In den nächsten paar Tagen“ werde es keine Sammelabschiebungen geben.

Grundsätzlich bleibe es aber „richtig, dass nach unserem Gesetz bestehende Ausreisepflichten durchgesetzt werden müssen“. Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dass sich an der Sicherheitslage am Hindukusch grundsätzlich nichts geändert habe. Auswirkungen auf die im Norden Afghanistans stationierte deutschen Soldaten gebe es nicht.