Ein Western mit Eastern-Einstieg und Krimi-Elementen: das ist Antonin Varennes „Die sieben Leben des Arthur Bowman“. Wäre alles so atmosphärisch wie die dichte Schilderung der historischen Umstände, wäre das ein Knüller.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Was es mit den „dark and bloody grounds“ auf sich hat, weiß jedes Kind, das seinen Karl May gelesen hat. Und in diesem Punkt hatte der Radebeuler Pseudologe ausnahmsweise auch mal recht: im Wilden Westen ging es tatsächlich recht finster und blutig zu.

 

Mit gehörigem Realismus geschildert haben das unter anderem Larry McMurtry (der mit seinem Roman „Lonesome Dove – Weg in die Wildnis“ schon lange auf der Klassiker-Check-Liste von Killer & Co. steht) und James Carlos Blake („Das Böse im Blut“). Ein weiterer im Bunde könnte der 1973 geborene Franzose Antonin Varenne sein, dessen „Sieben Leben des Arthur Bowman“ jetzt bei C. Bertelsmann erschienen ist. Nur: so ganz funktioniert die Sache bei ihm nicht.

Hüben wie drüben Grausamkeiten

Varenne erzählt die Geschichte des Söldners Arthur Bowman, der Anfang der 1850er Jahre für die britische Ostindienkompanie in Birma kämpft. Hüben wie drüben gibt es Grausamkeiten, Bowman teilt aus und muss mit zehn Kameraden in Gefangenschaft Ungeheuerliches einstecken. Zurück in London, schlägt er sich als Polizist durch. Bis er auf ein Mordopfer stößt, dessen Verletzungen nur von einem Täter stammen können, der ebenfalls in birmesischer Gefangenschaft war. Bowman macht sich auf, den Killer zu finden.

Die Spur führt ihn nach Amerika, wo der Unbekannte in gleicher Manier weitere Opfer abschlachtet. Erst nach einer langen Odyssee und allerlei Irrungen spürt Bowman seinen alten Kameraden auf, der Kreis schließt sich.

Sehr farbig und eindringlich

„Die sieben Leben ...“ ist auf der einen Seite ein opulentes Abenteuerstück, das vor allem von der atmosphärisch dichten Schilderung seiner Schauplätze lebt: das im Monsum ersaufende Birma, das unter Trockenheit, Krankheiten und Elend leidende London, das kaltherzige New York, in dem streikende Arbeiterinnen ohne weiteres erschossen werden, und natürlich die blutigen Gründe des Westens. Das ist alles sehr farbig und eindringlich aufgeschrieben.

Dagegen fallen – auf der anderen Seite – die handelnden Personen etwas ab. Bowman, seinen Gefährten und Widersachern fehlt diese knorrige, plastische Kontur, die etwa James Carlos Blakes Figuren auszeichnet. Außerdem ist das Krimielement des Buches geprägt von schier unglaublichen Zufällen, und das wiederkehrende Moment der nur angedeutungsweise geschilderten Folter wird arg strapaziert. Dass sich gegen Ende pastorale Zwischentöne, ja, sogar etwas Sentimentalität einstellt, nimmt dem Roman ebenfalls von seiner Wirkung. Am Ende mag es der Autor dann doch lieber hell und unblutig.

Antonin Varenne: „Die sieben Leben des Arthur Bowman“. Roman. Aus dem Französischen von Anne Spielmann. C. Bertelsmann, München 2015. 560 Seiten, 22,99 Euro. Auch als E-Book, 18,99 Euro.