Nach der Kritik an ihrer Reform zum Mitarbeiterdatenschutz deutet sich ein Rückzug der Koalition an. Die Metallarbeitgeber ermahnen die Regierung, „es bleiben zu lassen“.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die schwarz-gelbe Koalition möchte ihre umstrittenen Gesetzespläne zum Datenschutz am Arbeitsplatz offenbar revidieren. Wie es aus den Regierungsfraktionen heißt, wollen sich deren Vorsitzende Volker Kauder (CDU) und Rainer Brüderle (FDP) bis Anfang Februar treffen, um über die Konsequenzen der vielschichtigen Kritik zu beraten.

 

Ursprünglich wollte die Regierung den Entwurf am 31. Januar und 1. Februar in zweiter und dritter Lesung durch den Bundestag bringen. Dazu sollten Mitte der Woche noch Beratungen im Bundestagsinnenausschuss stattfinden, die aber kurzfristig auf Ende Januar vertagt wurden. Der Vorsitzende des Ausschusses, Wolfgang Bosbach, meldete nun offen Bedenken an den Plänen an. „Ich empfehle dringend, dass wir uns mit der Kritik ernsthaft auseinandersetzen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Den CDU-Politiker stört vor allem das Vorhaben, Betriebsvereinbarungen im Bereich Arbeitnehmerdatenschutz durch gesetzliche Vorgaben zu ersetzen. Damit seien Verständigungen innerhalb der Betriebe nicht mehr möglich. „Wir wollten doch einen verbesserten Arbeitnehmerschutz erreichen und nicht Unfrieden in die Betriebe tragen“, sagte er.

„Die Regierung soll es bleiben lassen“

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann drohte der Koalition mit anhaltendem Widerstand. „Wir werden diese Totalüberwachung der Menschen am Arbeitsplatz mit allen Kräften verhindern“, sagte er der „Neuen Westfälischen“.

Entschlossene Gegenwehr liefern auch die Metallarbeitgeber, die das Instrument der Betriebsvereinbarungen beeinträchtigt sehen. „Politisch betrachtet, muss die Koalition letztendlich selbst beurteilen, was zu tun ist“, sagte Peer-Michael Dick, der derzeit als Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall und Südwestmetall fungiert, der Stuttgarter Zeitung. „Wenn damit aber kein Blumentopf zu gewinnen ist, muss man sich auch mal lernfähig zeigen und sagen: okay, verstanden – wir lassen es bleiben.“ Dann werde Schwarz-Gelb von interessierter Seite zwar Regierungsunfähigkeit nachgesagt. „Doch diese Kuh kriegt man ohnehin nicht mehr vom Eis“, fügte Dick an. Das sei dann so. „Ich glaube aber, dass der kleinere Schaden entsteht, wenn sie das Vorhaben aufgeben – ansonsten kann er viel größer werden.“

Der Arbeitgeberverband warnt vor den Risiken

Zehn Monate lang sei der Gesetzentwurf in den Parlamentsausschüssen behandelt worden, schildert Dick. In dieser Zeit habe Ruhe geherrscht, bis der Entwurf direkt vor Weihnachten „Knall auf Fall“ vollendet und bekannt gemacht worden sei. So sah sich Gesamtmetall Anfang der Woche gezwungen, öffentlich Druck zu machen. Moniert wird, dass frühere Empfehlungen der Arbeitgeber von Schwarz-Gelb ignoriert worden seien. „Dass die Koalition die Hinweise nicht berücksichtigt und den Prozess dann so forciert hat, zeugt ganz bestimmt von einer schlechten Verfahrensweise“, sagt der Hauptgeschäftsführer.

Besonders stört ihn, dass es keine Rechtssicherheit für Betriebsvereinbarungen mehr gebe, obwohl diese in der Metall- und Elektroindustrie in hohem Maße genutzt würden. „Stets heißt es, dass Betriebsräte stärker zu beteiligen seien“, sagt Dick. „Und auf einmal soll dies nicht zulässig sein.“ Als Beispiel nennt er den Testfahrer eines Autokonzerns, dessen Touren per GPS genauestens festgehalten werden – so etwas ginge dann theoretisch nicht mehr, wenn der Fahrer seine individuelle Zustimmung verweigere. Auch Mitarbeiterbefragungen würden äußerst unsicher. Nach dem Gesetz dürfe nur „angemessen“ in die Datenhoheit der Arbeitnehmer eingegriffen werden. „Der Entwurf strotzt vor solchen unbestimmten Rechtsbegriffen“, rügt Dick. Also würde der Verband den Mitgliedern raten, die Finger davon zu lassen, bevor der Richter hohe Bußgelder verhängt.

„Kein neues Gesetz vonnöten“

Aus der Sicht von Gesamtmetall „bedarf es letztlich gar keines neuen Gesetzes zum Arbeitnehmer-Datenschutz“, so Dick. „In der bestehenden Rechtslage darf ein Arbeitgeber nicht von den Bestimmungen zum Datenschutz abweichen, wenn nicht entweder der Mitarbeiter zustimmt oder es eine Betriebsvereinbarung gibt, bei der zum Zwecke eines höheren Ganzen in diese Rechte eingegriffen wird.“ Das ginge nur in ganz engen Grenzen. „Deswegen verstehen wir nicht, warum man das ändern muss.“