Bereits drei Dutzend Asylberechtigte aus den neuen Bundesländern sind nach Stuttgart gekommen. In den nächsten Monaten rechnet man in der Landeshauptstadt mit weniger Flüchtlingen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Zumindest im ersten Monat des neuen Jahres wird die Landeshauptstadt nochmals eine beträchtliche Zahl von Flüchtlingen unterbringen müssen. Das Land hat der Stadt für Januar eine Zuweisung von 1093 Asylbewerbern angekündigt. Danach rechnet Sozialamtsleiter Stefan Spatz allerdings mit einem Rückgang der Zahlen.

 

Mit Sorge betrachtet Spatz allerdings, dass anerkannte Flüchtlinge auf der Suche nach Arbeit und Wohnung aus den neuen Bundesländern in den Westen der Bundesrepublik abwandern. In den vergangenen Wochen habe man festgestellt, dass ursprünglich in Ostdeutschland untergebrachte Flüchtlinge, die mit ihrer Anerkennung Niederlassungsfreiheit genießen würden, in Stuttgart angekommen seien. Bislang seien es etwa drei Dutzend Personen. „Da hat eine Wanderungsbewegung begonnen.“ Die Neuankömmlinge suchten hier nicht nur Arbeit, sie kämen auch in der irrigen Annahme, hier eine Wohnung zu finden. Diese neue Abwanderungstendenz müssten alle Großstädte mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.

Dass ansonsten die Zahl der in Baden-Württemberg ankommenden Flüchtlinge zum Jahreswechsel zurückgegangen ist, lässt sich daran ablesen, dass sowohl die Notunterkunft im Reitstadion auf dem Wasen wie auch die Erstaufnahmestelle in der alten Postlogistikhalle hinter dem Hauptbahnhof derzeit leer sind. Es gelinge gegenwärtig, die allermeisten Ankommenden in festen Gebäuden der großen Einrichtungen in Ellwangen und Wertheim unterzubringen, sagte eine Sprecherin des Stuttgarter Regierungspräsidiums. Zumal dort durch die weitere Verlegung von Asylbewerbern in die Landkreise immer wieder Platz für Neuankömmlinge entstehe.

Registrierungsverfahren beschleunigt

Das bedeutet für die Landeshauptstadt einen Januar mit noch recht hohen Flüchtlingszahlen. Für Spatz ist die gute Entwicklung ein Zeichen dafür, dass es dem Land gelungen sei, die Registrierungsverfahren zu beschleunigen. Der Sozialamtsleiter führt die für Januar angekündigten 1093 Flüchtlinge auf die hohen Zugänge ins Land im November zurück. „Da gibt es jetzt einen Nachlauf“, sagt Spatz. „Gleichwohl rechnen wir von Februar an mit einem Rückgang“, schätzt er. Die finanziellen Berechnungen im neuen Haushalt gingen für 2016 im Schnitt von 600 ankommenden Flüchtlingen im Monat aus.

Dank des Fortschritts beim Bau weiterer Flüchtlingsunterkünfte wird die Stadt noch im Januar die Bewohner der Turnhallen in Hedelfingen, Obertürkheim und Weilimdorf in sogenannte Systembauten verlegen können. „Das schafft Ruhe und eine Perspektive für die Menschen“, sagt der Spatz. Die drei Hallen werden aber wieder mit Neuankömmlingen belegt. Wann die Stadt die zu Asylheimen umgenutzten Sportstätten wieder frei machen kann, lasse sich im Moment nicht sagen. Ideal wäre es, wenn man die Einrichtungen, zu denen auch Turnhallen in Birkach und im Osten gehören, Mitte des Jahres wieder aufgeben könnte, hofft Spatz: Das Ziel sei, sie bis zum Schuljahreswechsel 2016 zu leeren.

„Null Toleranz“ bei Übergriffen

Zwischen den Jahren konnten die Mitarbeiter der Betreuungsträger etwas aufatmen, an den Feiertagen gab es keine Zuweisungen von Flüchtlingen. Spatz: „Unseren Notfallplan mussten wir nicht umsetzen.“

Die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln bedeuten aus Sicht des Sozialamtsleiters auch einen herben Rückschlag für die Diskussion in Stuttgart. „Schlimmer hätte es nicht kommen können.“ Spatz befürchtet, dass die Debatten in den Bezirken, wenn in einigen Wochen die nächste Tranche von Flüchtlingsunterkünften vorgestellt wird, nach den „widerwärtigen Vorgängen“ deutlich schwieriger werden. Einen Anlass, deswegen in Stuttgart aktiv zu werden, sieht er aber nicht. Die Sozialverwaltung fühle sich in ihrem Vorgehen eher bestätigt: Schon seit vielen Jahren enthielten die Betreuungsvereinbarungen mit den freien Trägern die Vorgabe, dass die Flüchtlinge auf die kulturellen Gegebenheiten und besonders auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann hingewiesen werden. „Da gibt es bei uns null Toleranz“, erklärt Spatz mit Blick auf die Umtriebe in Köln.