In mehr als 7000 Jahre alten Tonscherben haben Forscher Spuren von Bienenwachs gefunden. Als die ersten Bauern nach Mitteleuropa kamen, haben sie offenbar schon Bienenstöcke gehalten und die Vorzüge von Wachs und Honig zu schätzen gewusst.

Stuttgart - Immer wieder findet Peter Stadler vom Naturhistorischen Museum in Wien bei seinen Ausgrabungen Scherben von Amphoren und anderen Gefäßen. In einer Animation im Museum zeigt der Archäologe die Herkunft der Töpfer: Nachdem sie in einer Region zwischen dem heutigen Israel und Syrien über die Türkei bis in den Irak und den Iran vor rund 11 000 Jahren die Landwirtschaft erfunden hatten, waren die ersten Bauern entlang der Donau nach Mitteleuropa gekommen. In Brunn am Gebirge unmittelbar südwestlich von Wien gräbt Stadler die Spuren des ältesten Bauerndorfes in Österreich aus, rund 7500 Jahre sind die Scherben dort alt.

 

In den Keramikgefäßen bewahrten die Menschen vermutlich ihre Ernte und die daraus gewonnenen Produkte auf. Mit Bienenwachs dichteten die Steinzeitbauern diese Amphoren ab, zeigen jetzt Melanie Roffet-Salque von der Universität im englischen Bristol und ihre Kollegen im Fachblatt „Nature“. Offenbar hatten also die ersten Bauernvölker Bienenstöcke, Imker spannten die Insekten schon damals für die Ernte von Honig und Bienenwachs ein.

Die Bienenstöcke und die Insekten haben die Jahrtausende nicht überstanden, aber das Bienenwachs, das aus einer Mischung verschiedener Fette besteht, ist besser haltbar. Weil im Erbgut der Bienen festgelegt ist, wie die Insekten das Wachs herstellen, hat dieses Naturprodukt immer eine ähnliche Zusammensetzung. Ähnlich wie Kriminalisten anhand von Fingerabdrücken Menschen identifizieren können, nutzen Forscher die Mischung verschiedener Fette, um Bienenwachs nachzuweisen.

Ihre Bienenstöcke haben wandernde Bauern mitgebracht

Melanie Roffet-Salque und ihre Kollegen analysierten Scherben, die ihnen Archäologen wie Peter Stadler aus weiten Teilen Europas, Kleinasiens und Nordafrikas zur Verfügung stellten. Meist schickten die Forscher Überreste von Küchen- und Vorratsgefäßen. Erwartungsgemäß tauchten dort Fettspuren von Schweinen, Rindern, Schafen und Ziegen auf, die schon in der Steinzeit als Nutztiere gehalten wurden. In einigen dieser Gefäße zeigen die Analysen auch Spuren von Bienenwachs.

Genau dort, wo Archäologen die ältesten Keramikscherben in Eurasien finden, gab es demnach bereits Bienenstöcke: 9000 Jahre sind die Scherben von Küchengefäßen im Osten Anatoliens alt, an denen die Forscher eindeutig Bienenwachs nachweisen. Im Nordwesten der heutigen Türkei sind solche Spuren bis zu 7500 Jahre alt. Aus der gleichen Zeit stammt das im heutigen Rumänien gefundene Bienenwachs, in Griechenland und Serbien sind die Keramiken mit solchen Überresten nur wenige Jahrhunderte jünger. In Brunn am Gebirge nutzten die Imkern ebenfalls bereits vor 7500 Jahren das Wachs. In Deutschland finden sich entsprechende Spuren in Niederhummel nicht weit vom Münchener Flughafen bereits eineinhalb Jahrhunderte später, bald danach summten die Honigbienen auch im heutigen Polen. Auch in Dänemark und auf den Britischen Inseln wiesen die Forscher die typische Fettmischung für Bienenwachs nach, weiter im Norden von Skandinavien finden sie dagegen keinerlei Hinweise. Vermutlich war es den Bienen in diesen Breiten einfach zu kalt und die Blühsaison zu kurz.

Peter Stadler vermutet, dass die nach Mitteleuropa ziehenden Bauern ihre Bienenstöcke gleich mitgebracht haben. Grund genug hatten sie dafür. Schließlich liefern die Bienenstöcke noch heute nicht nur Wachs für Kerzen, das Material eignete sich auch, um Keramikgefäße abzudichten. Begehrt war sicher auch der Honig, weil andere Süßstoffe kaum zur Verfügung standen. Die Bauern rodeten obendrein Teile der Wälder, die damals Europa bedeckten, um auf den Lichtungen Weiden und Ackerland anzulegen. Dort wuchsen Büsche und Obstbäume besser als im Dämmerlicht des Urwaldes. Die Blüten dieser Pflanzen konnten viele Bienenvölker ernähren.