Beim Domizil von Ernst & Young in der entstehenden Airport-City am Flughafen siegen zwei ganz unterschiedliche Entwürfe.  

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Der Stuttgarter Flughafen will zu einem Höhenflug ganz anderer Art ansetzen. Auf seinem Gelände soll in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die sogenannte Airport-City entstehen, in der sich renommierte Unternehmen außerhalb der Luftfahrtbranche ansiedeln können. Gewaltige 250.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche sind für diese Neuordnung entlang der Flughafenstraße geplant - das entspricht der Fläche für mehr als 10.000 Arbeitsplätze. Den Anfang macht jetzt die Unternehmensberatung Ernst & Young, die in vier Jahren mit ihren 1500 Mitarbeitern von Weilimdorf an den Airport umziehen will. Nun sind nach einem Architektenwettbewerb die Siegerentwürfe für das rund 100 Millionen Euro teure Firmengebäude vorgestellt worden.

 

Dabei hat die Jury zwar in klassischer Weise einen ersten bis fünften Platz vergeben. Doch liegen der erstplatzierte Entwurf des Stuttgarter Büros Wulf & Partner (das auch die Messe nebenan gebaut hat) und der zweitplatzierte Entwurf des Berliner Büros Hascher Jehle Architektur (Kunstmuseum) so nahe beieinander, dass Wolfgang Riehle, der Juryvorsitzende und Präsident der baden-württembergischen Architektenkammer, von einem "Lidschlagfinale" sprach. Und Mark Smith, der Geschäftsführer von Ernst & Young Deutschland, will die Entwürfe jetzt mit allen Mitarbeitern intensiv diskutieren. Es werde deshalb nicht zwangsläufig der Siegerentwurf gebaut, sagte er.

Die Entwürfe könnten unterschiedlicher kaum sein

Dieses Gebäude wird an markanter Stelle am östlichen Eingang des Flughafens gebaut; dort, wo heute noch das Parkhaus P10 steht, zwischen dem Bosch-Parkriegel über die Autobahn und dem neuen Möwenpick-Hotel. Die Entwürfe könnten unterschiedlicher kaum sein. Die Architekten des Büros Wulf & Partner haben eine dreigliedrige Anlage konzipiert, die sich in der Höhe und in der Formensprache gut in die Umgebung integriert, aber dennoch mit ihren abgerundeten Seiten und den Fassadenbändern einen eigenen Stil entwickelt. Es sei sehr gut gelungen, die 40.000 Quadratmeter Fläche in einem Gebäude unterzubringen, das nicht wie "der große Bomber" daherkomme, so Riehle. Das Gebäude erinnere eher etwas an ein vielgliedriges Schiff. Das Kasino dagegen ist in stilisierter Form eines Flugzeugs über die Riegel gelegt und bietet den Mitarbeitern eine schöne Sicht über die Filder. Die Raumplanung ist für die Jury ideal, auch weil das Gebäude gut anderweitig genutzt werden könnte. Die Flughafen GmbH baut das Haus und vermietet es langfristig an Ernst + Young; doch man wisse ja nie, wer in vielen Jahren einziehen könnte, so Flughafen-Geschäftsführer Walter Schoefer.

Der Entwurf von Hascher Jehle Architektur setzt dagegen einen starken städtebaulichen Akzent: Das Hauptgebäude ist in Form einer Schleife aufgebaut; angehängt ist ein Konferenzzentrum mit eigenem Eingang. Walter Schoefer gefällt dieses Herausgehen aus der Rechtwinkligkeit sehr; es müsse aber noch geprüft werden, ob auch die wirtschaftlichen Aspekte überzeugten. Auch Wolfgang Riehle ist fasziniert von dem "sehr expressiven Gebäude". Es könne aber für das gesamte Flughafengelände schwierig werden, wenn sich dort jedes neue Projekt selbst inszeniere. Zudem sei die Raumordnung und Wegeplanung nicht ganz so gut wie beim ersten Sieger.

Nächste Woche starten die Abrissarbeiten am alten Frachthof

Insgesamt hatten sich 19 Büros am Wettbewerb beteiligt. Der dritte Preis (mehrere Gebäude, die sich um vier Höfe gruppieren) ging an das Kölner Büro JSWD Architekten; der vierte (ein Polygon mit grüner Mitte) an Barkow Leibinger aus Berlin, der fünfte an die ARGE Benthem Crouel und Borgmann Architekten in Aachen. Letztere hatte ein Hochhaus vorgeschlagen, das der Jury aber zu dominant erschien. Alle 19 Entwürfe sind noch bis zum 28. Juli im Terminal 1, Anbau West ausgestellt.

Der Baubeginn für diesen ersten Stein der Airport-City soll 2013 erfolgen. Schon nächste Woche starten die Abrissarbeiten am alten Frachthof. Für das Gelände werde man in "nicht allzu ferner Zukunft", so Schoefer, Vorschläge machen, wie sich die Airport-City weiter entwickeln könnte.