Bauträger oder Bürger – wer soll zum Zug kommen im Waiblinger Baugebiet Karlstraße? Die SPD-Fraktion im Gemeinderat findet, dass vieles für ein von Bürgern entwickeltes Quartier spricht. Die Stadt will aber auf jeden Fall ein Wettbewerbsverfahren.

Waiblingen - Bauträger oder Bürger – wer soll zum Zug kommen im Baugebiet Karlstraße, dem ehemaligen Standort der Volkshochschule und der Familienbildungsstätte Waiblingen? Die SPD-Fraktion im Waiblinger Gemeinderat findet, dass vieles für ein von Bürgern entwickeltes Wohnquartier spricht. In einer Stellungnahme schlägt die Fraktion daher vor, das von der Stadt geplante Wettbewerbsverfahren, über welches der Gemeinderat am Mittwochabend berät, auszusetzen.

 

„Soziale Aspekte“ sollen eine Rolle spielen

Stattdessen, so regt die SPD an, solle das 0,3 Hektar große Gelände unweit der Altstadt gezielt privaten Baugruppen angeboten werden, „die das Quartier in eigener Verantwortung entwickeln und realisieren wollen und dabei soziale Aspekte berücksichtigen“. Bei einem Wettbewerb, wie ihn die Verwaltung plane, würden hingegen nur städtebauliche Kriterien in Betracht gezogen. Auch hätten private Baugruppen angesichts potenter Bauträger kaum Chancen in einem Wettbewerbsverfahren, befürchtet der SPD-Fraktionsvorsitzende Roland Wied. Er sieht die gemeinsame Entwicklung eines Wohnareals als Bürgerbeteiligung und „eine Form von Bürgerengagement im wahrsten Sinne des Wortes“.

Tatsächlich hat zumindest eine Gruppe von Bürgern bereits Interesse an dem Grundstück bekundet. Etwa 25 Parteien, darunter sind Paare, Familien und Alleinstehende, möchten das Quartier Karlstraße gemeinsam bebauen. Die Mehrheit der Interessenten lebt in Waiblingen oder will dorthin zurückkehren, weitere Teilnehmer am Projekt kommen aus umliegenden Gemeinden wie Korb oder Kernen.

Die Baugruppe, die den Tübinger Projektentwickler Andreas Stahl ins Boot geholt hat, will maximal dreigeschossige, energieeffiziente Gebäude errichten, die sich gut in die umgebende Wohnbebauung einfügen. Rund 25 Wohnungen sollen entstehen. Das Konzept der Gruppe sieht vor, „bezahlbaren Wohnraum bei gutem Niveau“ zu schaffen. Ein Gemeinschaftsraum soll Platz für Veranstaltungen und Ausstellungen bieten, die auch für Außenstehende offen sind. Angedacht ist zudem, eine Kita oder Praxen unterzubringen, auch von einer Aufladestelle für Elektroautos oder einem Backhaus ist die Rede.

Keine Sonderrolle für die Baugruppe

„Wir können uns das vorstellen und sind mit der Bürgergruppe im Gespräch. Aber wir wollen an dieser sensiblen Stelle auf jeden Fall einen Wettbewerb, um eine Vielfalt von Konzepten zu bekommen“, sagt die Waiblinger Baubürgermeisterin Birgit Priebe. Da die Baugruppe ohnehin vorhabe, einen Architekten zu beauftragen, stelle ein Wettbewerbsverfahren aus ihrer Sicht keine Hürde für das Projekt dar: „Der Kostenaufwand ist auch kein großer.“

Eine Sonderrolle dürfe die Baugruppe jedoch nicht bekommen, findet Priebe – weshalb sie auch den Vorschlag der SPD-Fraktion, das Ausschreibungsverfahren auszusetzen, für keine gute Idee hält. Für die Baubürgermeisterin wäre es aber in Ordnung, den Termin für ein öffentliches Ausschreibungsverfahren für das Quartier bis auf das Ende des Jahres nach hinten zu verschieben, „damit die Baugruppe mehr Zeit hat, um sich zu finden“.

Das Argument der SPD-Fraktion, ein Projekt wie die Entwicklung des Quartiers Karlstraße sei eine Form von Bürgerengagement und sollte von der Stadt unterstützt werden, kann die Baubürgermeisterin nicht recht nachvollziehen: „Bürgerschaftliches Engagement heißt eigentlich Engagement für das Gemeinwohl. Bei der Baugruppe handelt es sich aber um eine Gruppe von Leuten, die dort bauen will und das zum Teil als Investition sieht. Manche wollen gar nicht selbst einziehen.“