Eine Niederflurbahn wäre für Ludwigsburg die beste Lösung, und ist wirtschaftlich machbar. Das räumen selbst Anhänger der Stuttgarter Stadtbahn ein, kommentiert Tim Höhn.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) hat ganze Arbeit geleistet. Wann immer in den vergangenen Jahren über die Ludwigsburger Stadtbahn geredet wurde, erklärten die SSB-Experten: da geht nur Hochflur, alles andere ist unrealistisch. Das wirkte. In Möglingen, Remseck und Markgröningen ist man für die Hochflurtechnik, in Ludwigsburg neigt sich die Waage dorthin, mit Rainer Haas haben die SSB einen mächtigen Verbündeten.

 

Warum die SSB so vehement für Hochflur werben, wird nicht hinterfragt. Dabei ist die Antwort so einfach: Das Unternehmen will das eigene Netz ausdehnen und als Betreiber am Steuer bleiben. Das ist legitim, aber gerade weil die SSB eigene Interessen verfolgen, taugen sie nicht als neutrale Instanz. Unter der Hand räumt mancher SSB-Experte durchaus ein: „Natürlich ist Niederflurtechnik besser. Aber wir haben in der Region Stuttgart nun mal Hochflur.“ Dass die Stadt Ludwigsburg, die sich gerne visionär gibt, auf das schlechtere von zwei Systemen setzt, ist unverständlich.

Hochflur heißt: hohe Bahnsteige, die kaum ins Stadtbild integriert werden können. Der SSB-Technikchef warf am Mittwoch hübsche Bildchen von einigermaßen gelungenen Beispielen in Stuttgart an die Wand. Dass Hochflur-Haltestellen in der Landeshauptstadt ganze Straßenzüge verschandeln, sparte er aus. Wer mag, werfe einen Blick auf den Berliner Platz. In Ludwigsburg soll die Hochflurbahn daher an der City vorbeifahren. Eine Stadtbahn, die nicht direkt durch die Stadt fährt? Grotesk.

Schönes Stadtbild und weniger Platz für Schienen

Niederflur ist wesentlich verträglicher fürs Stadtbild, weshalb die Bahnen über die zentrale Wilhelmstraße rollen könnten. Weil die niedrigen Bahnsteige weniger Platz fressen, könnte diese Bahn auch die Engstelle am Hauptbahnhof passen. Die Hochflur-Befürworter halten dagegen, dass der Aufbau eigener Werkstätten und Betriebshöfe für die Niederflurtechnik zu teuer wäre. Nur am Rand wird erwähnt, dass für Hochflurbahnen der Schillerdurchlass in Ludwigsburg erweitert werden müsste – für viel Geld. Der Tunnel gilt als technisch komplizierteste Stelle der gesamten Trasse. Für Niederflur kein Problem: die Bahnen benötigen einen viel geringeren Radius und passen locker durch. Günstiger in der Anschaffung sind sie übrigens auch.

Sowohl die Niederflur- als auch die Hochflur-Variante haben bei der standardisierten Bewertung hervorragend abgeschnitten. Als entscheidender Vorteil wird verkauft, dass sich die Hochflurbahn ans SSB-Netz anbinden ließe und daher in Remseck kein Umstieg nötig wäre. Na und? Wer von Ludwigsburg nach Stuttgart will, wird kaum die Stadtbahn nehmen, sondern die schnellere S-Bahn. Hochflur stärkt zwar die Direktverbindung in die nördlichen Stuttgarter Stadtteile. Schön und gut. Aber die Niederflurbahn wirkt stärker in die Ludwigsburger Innenstadt. Ist es nicht genau das, was Ludwigsburg will? Urban sein, Großstadt, ein Magnet, der Menschen anlockt. Das jedenfalls hat die Verwaltung stets behauptet, und das ist es auch, was die Händler stets geäußert haben.

So bleibt ein veritables Argument übrig. Setzt der Kreis Ludwigsburg auf Niederflur, koppelt er sich von der SSB ab und müsste sich für ein vergleichsweise kleines Schienennetz einen Betreiber suchen. Aber das ist machbar. Selbst die Pro-Hochflur-Experten räumten am Mittwoch ein, dass anderswo in Deutschland solch kleine Netze vernünftig betrieben werden. Es ist höchste Zeit, in diese Richtung zu sondieren.