Zweimal im Monat werden Kinder im Gemeindehaus der Lutherkirche in armenischer Sprache und Kultur unterrichtet. Die Samstagsschule ist für Kinder und Eltern Pflicht und Vergnügen und soll den Schülern helfen, sich für die Welt zu öffnen.

Bad Cannstatt - Um sich gut integrieren zu können, muss man wissen, woher man kommt“, sagt Naira Yakarian. „Nur dann kann man sich öffnen für andere Kulturen und die Welt.“ Sie selbst ist mit 18 Jahren von Armenien nach Deutschland gekommen. Nachdem sie ihren Ehemann kennengelernt und ihr Studium beendet hatte, blieb Yakarian. „Deutschland ist meine zweite Heimat geworden, und ich bin stolz darauf, in einem Land zu leben, das seine Geschichte aufarbeitet“, sagt die Bad Cannstatterin.

 

Nichtsdestotrotz möchte die Fachlehrerin für Sonderpädagogik und Lehrerin für evangelische Religion ihren eigenen Kindern die Kultur und Sprache ihres ersten Heimatlandes nicht vorenthalten. Deshalb schickt sie die beiden in die armenische Samstagsschule Mesrop Maschtoz, an der sie auch selbst als eine von insgesamt fünf Lehrerinnen tätig ist.

Unterricht ist Pflicht und Vergnügen

Im Gemeindehaus der Luthergemeinde in Bad Cannstatt werden 15 bis 20 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren zweimal im Monat samstags unterrichtet. „Wir arbeiten in zwei Gruppen“, berichtet Yakarian. Während sich die eine Gruppe mit der armenischen Schrift und Sprache befasst, hat die andere Gruppe Kunstunterricht. Nach einer kurzen Pause wird gewechselt. Neben Informationen über die armenische Geschichte und die Bibel werden traditionelle Lieder und Tänze einstudiert, zu Ostern und Weihnachten bereiten die Kinder an biblische Texte angelehnte Theaterstücke vor. An jedem dritten Sonntag im Monat findet während des Gottesdiensts für Erwachsene in der Lutherkirche ein speziell auf die Kinder ausgerichteter Kindergottesdienst im Gemeindehaus statt. „Unser Ziel ist es, den Kindern im christlichen Glauben eine feste Basis zu bauen“, sagt Naira Yakarian. Nach dem Gottesdienst essen sie gemeinsam armenische Spezialitäten.

Die Kinder und Eltern kommen für die Schule von weit her nach Bad Cannstatt, bis zu 60 Kilometer fährt manch eine Familie. „Der Unterricht wird als Pflicht und Vergnügen zugleich angesehen“, sagt Naira Yakarian. Im Laufe der Zeit hätten sich zwischen den Schülern und auch unter den Eltern Freundschaften entwickelt.

Regelmäßig werden in der Samstagsschule Tests geschrieben. „Die Kinder wollen ihre Erfolge sehen“, sagt die Lehrerin. Zurzeit hätten die Schüler 19 von insgesamt 39 Buchstaben des armenischen Alphabets gelernt und könnten schon einfache Sätze schreiben und kleine Texte lesen. Der Spaß soll in der Samstagsschule aber auch nicht zu kurz kommen. „Einmal im Jahr machen alle Kinder zusammen mit den Eltern einen Ausflug, dieses Jahr geht es im Mai ins Legoland“, erzählt Yakarian. Außerdem sei die Schule dabei, eine Reise nach Armenien zu planen. Von dort aus werde die Schule auch unterstützt, zum Beispiel mit Fortbildungen für die Lehrerinnen.

Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden

„Wir fühlen uns in der Luthergemeinde sehr wohl“, sagt Gayane Khachatryan von der armenischen Gemeinde Baden-Württemberg. Dennoch sei man auf der Suche nach einer Bleibe, in der zum Beispiel zwei Räume für den Unterricht zur Verfügung stünden. „Eigene Räume würden die Gemeindearbeit leichter machen.“ Unter anderem würde die Gemeinde auch gerne Schnupperkochkurse veranstalten oder mit den Schülern der Samstagsschule Speisen und Gebäck herstellen. Zunächst aber freue man sich über die Möglichkeiten, die man als Gast in Bad Cannstatt habe: „Regelmäßig veranstalten wir zum Beispiel ökumenische Gottesdienste zusammen mit der Luthergemeinde und der ungarischen Gemeinde“, sagt Khachatryan.