Der Trainer Armin Veh kehrt mit Eintracht Frankfurt nach Stuttgart zurück – zum Spiel bei seinem Ex-Verein VfB Stuttgart. Seinem Ex-Club macht er Mut: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der VfB noch einmal gegen den Abstieg spielt.“

Frankfurt – - Aus Frankfurt ist Armin Veh vergangenes Jahr zu seiner alten Liebe VfB zurückgekehrt, dann warf er rasch das Handtuch – und sitzt nun wieder auf der Eintracht-Bank. „Es ist immer gut, wenn man Erfahrungen sammelt, auch wenn sie nicht positiv sind“, sagt der 54-Jährige.
Herr Veh, der Saisonauftakt missraten, die Fans in Sorge – dieses VfB-Szenario müsste Ihnen bekannt vorkommen.
Mir kommt das in unterschiedlicher Hinsicht bekannt vor. Wir haben den Start mit dem VfB ja nicht nur letztes Jahr vergeigt, sondern auch 2006. Damals sind wir am Ende der Saison Meister geworden. Ich weiß daher: man sollte sich von einem schwachen Start nicht beeinflussen lassen, zumal die ersten Spiele des VfB in dieser Saison trotz der Niederlagen gut waren.
Vergangenes Jahr hatten Sie schon nach zwei Spielen davon gesprochen, dass man sich auf den Abstiegskampf einstellen müsse. Droht dem VfB Ähnliches erneut?
Diese Sorgen muss ich mir nicht mehr machen. Ich glaube aber, die Mannschaft ist dieses Jahr deutlich besser aufgestellt, vor allem was die Offensive betrifft. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass der VfB noch einmal gegen den Abstieg spielt.
Das Gerüst der Mannschaft ist aber nahezu unverändert geblieben.
Bei mir waren am Anfang Daniel Ginczek und Daniel Didavi verletzt. Und Filip Kostic hat eine Weile gebraucht, um sich auf die Bundesliga einzustellen. Das sind drei wichtige Spieler, die den Unterschied ausmachen. Daher hat sich einiges geändert.
Der VfB hat auch ein völlig neues Spielsystem, das sich von Ihrer bevorzugten Art des Fußballs deutlich unterscheidet. Wie beurteilen Sie Alexander Zornigers Spielweise des Pressing und Gegenpressing?
Grundsätzlich finde ich es gut, dass wir nicht alle gleich spielen. Es zeichnet einen Trainer aus, dass er eine eigene Denkweise und eine eigene Handschrift hat, die klar zu erkennen ist. Mir ist immer wichtig: man sollte das, was man im Training vorbereitet, auch im Spiel sehen.
Sie setzen lieber auf viel Ballbesitz. Warum?
Man muss sich als Trainer immer an die Spieler anpassen, die man zur Verfügung hat. In Rostock zum Beispiel hatte ich keine Mannschaft, die selbst das Spiel gestalten konnte. Da hatten wir wenig Ballbesitz und mussten immer defensiv und auf Konter spielen. Du kannst also nicht immer das, was du im Kopf hast, auch umsetzen. Später aber war es häufig so, dass meine Mannschaften oben mitgespielt haben. Da kannst du nicht warten, bis der Gegner kommt, sonst findet kein Spiel statt. Da musst du das Spiel selbst machen.
Auch in Frankfurt wollen Sie nicht nur reagieren. In welchem Zustand haben Sie die Eintracht nach Ihrer Rückkehr angetroffen?
Es sind viele Spieler da, die ich noch kenne. Es gab nicht den großen Umbruch. Ein paar Neue aber sind dazugekommen, außerdem fehlt uns derzeit Alexander Meier. Deshalb sind wir noch nicht so weit, dass wir sagen könnten: wir sind eingespielt.
Was hat Sie daran gereizt, noch einmal in Frankfurt einzusteigen?
Das hat sich kurzfristig ergeben, als Thomas Schaaf nach der Saison zurückgetreten ist. Ich habe nicht gleich beim ersten Anruf zugesagt. Aber ich hatte den großen Vorteil, dass ich sieben Monate Pause gehabt und mich wieder ganz frisch gefühlt habe.
Wie haben Sie die Pause genutzt?
Indem ich gar keinen Plan hatte. Ich habe es als großen Luxus empfunden, morgens aufzustehen, nichts organisieren zu müssen, sondern einfach in den Tag hineinleben zu können.
Wie sind Sie in Frankfurt nach Ihrem Abstecher nach Stuttgart aufgenommen worden?
Grundsätzlich sehr gut. Ich hatte mich ja immer korrekt verhalten und frühzeitig gesagt, dass ich meinen Vertrag nicht verlängere. Natürlich rutschen einem aber immer ein paar Sätze raus, die nicht so gut ankommen und einem nachhängen.
Zum Beispiel der, dass Sie Ihren Wechsel nach Stuttgart auch damit begründeten, dem Gegner nicht mehr so oft zum Sieg gratulieren zu wollen.
Daran wurde ich nach meiner Rückkehr gerade in der Anfangszeit oft erinnert. Entscheidend ist aber immer der Zusammenhang. Es hatte damit zu tun, dass ich damals nach drei Jahren in Frankfurt gerne mit einem größeren Etat arbeiten wollte.
Glauben Sie noch immer, dass der VfB größere Möglichkeiten als Frankfurt hat, um Erfolg zu haben?
Als ich Frankfurt verließ, hatten wir dort einen Personalkostenetat von 30 Millionen Euro und in Stuttgart 41 Millionen. Jetzt sind wir nicht mehr so weit auseinander, jetzt trennen uns nur noch drei, vier Millionen. Daher hat sich schon etwas geändert.
Betrachten Sie es im Nachhinein als Fehler, zum VfB zurückgekehrt zu sein?
Nein. Es ist immer gut, wenn man im Leben Erfahrungen sammelt, auch wenn sie nicht positiv sind.
Und Sie haben es auch nicht bereut, so früh das Handtuch geworfen zu haben?
Auch das nicht. Ich war damals der Überzeugung, dass es für alle besser ist, das zu tun. Und auch jetzt bin ich noch immer der Meinung, dass der VfB davon profitiert hat, dass ich den Weg freigemacht habe. Ich hätte das sicher nicht nach dem 20. oder 25. Spieltag getan. Aber am zwölften Spieltag kann man noch alles selbst regeln. Daher war mir ein früher Zeitpunkt wichtig.
Beim VfB war es ursprünglich vorgesehen, dass Sie von der Trainerbank in den Vorstand wechseln. Von diesem Modell ist auch jetzt in Frankfurt die Rede.
Als Trainer kann man nicht ansatzweise den Plan verfolgen, im nächsten oder übernächsten Jahr in den Vorstand zu gehen. Der Job ist viel zu wichtig, man kann sich mit so etwas nicht beschäftigen. Daher ist das in Frankfurt weder besprochen und schon gar nicht ausgemacht.
Der VfB hat noch einen Innenverteidiger verpflichtet. Wie intensiv beobachten Sie den Transfermarkt?
Es kann am Ende immer noch etwas passieren. Da bekommt man plötzlich Leute, von denen man nie gedacht hat, dass man sie bezahlen kann. Andererseits haben wir sehr viele junge Spieler, die wir fördern wollen. Daher glaube ich eher, dass bei uns nichts mehr passiert.
Wie bewerten Sie generell die Entwicklung auf dem Transfermarkt, wenn etwa Kevin De Bruyne für 80 Millionen verkauft wird?
Die Fans gehen ins Stadion, weil sie Superstars sehen wollen. Diese Stars müssen entsprechend bezahlt werden. Was in der Kategorie darunter passiert, muss ich sagen: das sind mittlerweile Summen, mit denen ich nichts mehr anfangen kann. Ich blicke nicht mehr durch, wenn ein normaler Spieler 20 Millionen Euro kostet.
Was bedeutet das für Vereine wie Frankfurt oder Stuttgart, die diese Summen nicht annähernd aufbringen können?
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es für die Traditionsclubs nicht einfacher wird. Es wird immer schwerer, das zu erfüllen, was die Fans erwarten: nämlich dauerhaft oben mitzuspielen. Es gibt immer mehr Vereine, die das Geld, das sie ausgeben, nicht selbst einnehmen müssen. Und wenn jetzt auch noch Leipzig aufsteigt, dann spitzt sich die Lage weiter zu.
Wie kann man trotzdem dagegenhalten?
Wir müssen uns immer wieder umstellen und neue Wege gehen. Wir dürfen nicht nur kurzfristig denken und auf den aktuellen Tabellenplatz schauen. Es wird noch stärker darum gehen, junge Spieler auszubilden. Auf diese Weise kann man Ablösen generieren, die dich dazu befähigen, langfristig weiterzukommen.