Rubens, Manet, van Gogh: Im „Art Project“ des Internetriesen Google sind ab sofort mehr als 30.000 Kunstwerke online zu besichtigen.

Stuttgart - Welcher Kunstliebhaber hätte nicht gerne einen Rubens, einen Manet oder van Gogh in seiner persönlichen Kunstsammlung, ergänzt um antike Skulpturen oder eine filigran mit Drachen bemalte Glasvase aus China? Der werbefinanzierte Google-Konzern macht es möglich, wenigstens virtuell, und positioniert sich so als hochkulturelle Alternative zu den Niederungen von Facebook.

 

Seit Dienstag haben die User des „Google Art Project“ die Wahl zwischen gut 30 000 Kunstwerken aus 151 Museen in vierzig Ländern. Sie können sich nah an die in hoher Auflösung digitalisierten Werke heranzoomen und virtuell durch 385 Säle in 46 Sammlungen flanieren, dank der Street-View-Technik von Google. Und jeder kann seine eigene Sammlung zusammenstellen, kommentieren, mit anderen teilen.

Gut tausend Werke stehen zur Ansicht

Ausgedacht haben sich das kunstaffine Google-Mitarbeiter. Eine betriebsinterne Zwanzig-Prozent-Regelung erlaubt es ihnen, einen Teil der Arbeitszeit damit zu verbringen, ohne Aufträge von Vorgesetzten an neuen Ideen zu tüfteln. Bereits im Februar 2011 ging das Kunstprojekt ans Netz, als Lieferanten von Meisterwerken konnten 15 Spitzensammlungen gewonnen werden, darunter die Staatlichen Museen in Berlin. Zur Ansicht standen seither gut tausend Werke, genug, um zwanzig Millionen Einzelnutzer auf die Website zu locken. Mit dem Relaunch, der im Pariser Musée d’Orsay gefeiert wurde, ist eine neue Qualität da. Der Projektleiter Amit Sood sagt es so: „Das ,Art Project‘ ist nicht mehr nur etwas für den Studenten aus Indien, der das Museum of Modern Art in New York benutzen möchte. Jetzt ist es auch etwas für den amerikanischen Studenten, der sich für die National Gallery of Modern Art in Delhi interessiert.“

Neben der Sammlung Leopold in Wien, einem Museum australischer Felsmalerei und dem Imperial War Museum in London sind zwei deutsche Sammlungen neu vertreten. Der Kunstpalast Düsseldorf hat die Gelegenheit genutzt, neben Spitzenwerken auch 140 schwer zugängliche Zeichnungen aus der Sammlung ins Netz zu stellen. Die Kunstsammlungen Dresden legten Wert darauf, in ganzer Breite mit 15 Museen sichtbar zu sein – und nicht allein mit der Sixtinischen Madonna. Die Dresdner und andere Einrichtungen stellten vorhandene Digitalisate umsonst zur Verfügung, dafür besorgt Google gratis die Präsentation.

3400-fachen Auflösung eines HD-Fernsehbildschirms

Jedes Museum darf außerdem ein Werk benennen, das Google mit der neuen Gigapixel-Technologie scannt, das heißt: in der 3400-fachen Auflösung eines HD-Fernsehbildschirms, so dass feinste Details betrachtet werden können. Michael Eissenhauer, der Generaldirektor der Berliner Museen, ordnet die Zusammenarbeit mit Google in den staatlichen Auftrag ein, die Werke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wieland Holfelder, der Leiter der Google-Entwicklungsabteilung in München, verneint jede kommerzielle Absicht bei dem Projekt. Doch es ist klar, dass der Internetriese wieder einen Schritt getan hat, sich in möglichst vielen Lebensbereichen unentbehrlich zu machen.

Mit seinen Gratisangeboten verschiebt Google die Nutzungsgewohnheiten und letztlich kulturelle Maßstäbe, unbekümmert um die Auswirkungen für die Produzenten neuer Inhalte. Jedes neue Gratisangebot erhöht den Druck auf sie, auch ihre Werke umsonst ins Netz zu stellen, wenn sie denn in der schönen neuen Google-Welt noch wahrgenommen werden wollen. So harmlos, wie die Museumsleute glauben machen wollen, ist das für sie kostenneutrale Geschäftsmodell nicht.

// Die Kunstwerke im Netz unter www.googleartproject.com