Der Tübinger OB Boris Palmer (Grüne) klagt, im Konflikt zwischen Standorten für Windkraftanlagen und Artenschutz würde immer für den Artenschutz entschieden. Palmer vergleicht dies mit dem Vorgehen der CDU-FDP-Regierung unter Erwin Teufel.

Tübingen - Die Stadtwerke Tübingen (SWT) investieren in einen Windpark, der in Bayern liegt. „In Neunkirchen nahe an der Grenze zu Baden-Württemberg haben die Stadtwerke zwei Anlagen modernsten Typs gekauft“, erklärt Boris Palmer, als Tübinger Oberbürgermeister gleichzeitig Aufsichtsratschef der Stadtwerke. Die Suche nach einem Standort im Land sei erfolglos gewesen. „In Baden-Württemberg haben wir kein Projekt realisieren können“, sagt Palmer, „und jetzt hat sich auch die Hoffnung zerschlagen, dass die Stadtwerke Tübingen in den Windpark Horb investieren können“. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte am Mittwoch Horbs Pläne gestoppt, in einem Landschaftsschutzgebiet fünf Windräder aufzustellen. Als Grund wurden die zahlreich dort lebenden Rotmilane genannt. (Die StZ berichtete). Palmer spricht nun davon, dass es mit der Windkraft weitergeht „wie unter der Ära Teufel“.

 

Für Palmer stellt der Naturschutz im Südwesten härtere Anforderungen an die Windkraft als Rheinland-Pfalz oder Bayern. Dort stünden deutlich mehr Windräder als in Baden-Württemberg. Haupthindernis sei in vielen Fällen der Milan. „Wird ein Standort für die Windkraft veröffentlicht, wird am nächsten Tag ein Milan gesichtet“, fasst Palmer mit leisem Spott seine Erfahrungen zusammen.

„Fall Horb besonders drastisch“

Er kritisiert das Vorgehen des Regierungspräsidiums Karlsruhe beim Horber Windpark. „Dieser Fall ist besonders drastisch“, sagt Palmer. Nach zwei Jahre langer Vorbereitung sei das Projekt binnen 14 Tagen gestoppt worden. Der Stadt sei keine Möglichkeit eingeräumt worden, zur Argumentation der Aufsichtsbehörde Stellung zu nehmen. Horbs  OB Peter Rosenberger hatte erklärt: „Für uns ist die Ablehnung in keiner Weise nachvollziehbar, da der Stadtverwaltung Horb die Stellungnahmen aus dem Petitionsverfahren nicht zugänglich sind.“ In diesem Petitionsverfahren hatten Artenschützer sehr spät im Verfahren ihre Argumente gegen die Windkraft vorgebracht.

Vergleich mit der Ära Teufel

Für Palmer ist dieser Fall nur mit dem Vorgehen der CDU-FDP-Regierung unter Erwin Teufel im Fall des Schauinslands im Schwarzwald vergleichbar. Damals hatte der CDU-Ministerpräsident Entscheidungen der Stadt Freiburg für den Bau von Windkraftanlagen kassiert. „Einen ähnlich tiefen Eingriff in die Planungshoheit von Kommunen hat es bis zum Fall Horb nicht mehr gegeben.“ Palmer gewinnt den Eindruck, dass die „Milan-Dichte hierzulande wohl deutschlandweit am höchsten ist“.

Dabei würden präzise Untersuchungen ergeben, dass ein Windrad in der Nähe von Brutgebieten diese Vögel nicht unbedingt stören müsse. Oft lägen deren Jagdgebiete woanders. Für Palmer jedenfalls ist klar, dass sich mit dem aktuellen Vorgehen der Behörden „die Windkraftziele der Regierung nicht realisieren“ lassen. „Um die Windkraft auf dem Land dezentral weiter auszubauen, brauchen wir entsprechende politische und rechtliche Rahmenbedingungen von Bund und Land“, fordert er.

In Bayern sei der Bau von Windrädern entweder im Grundsatz erlaubt oder die Kommunen könnten Windkraftgebiete nach eigenem Ermessen ausweisen. Dies sei in Neunkirchen geschehen. „So können die Stadtwerke Tübingen dort investieren, in Baden-Württemberg aber nicht.“

Unterstützung erhält Palmer von Frederick Brütting (SPD), Bürgermeister von Heubach im Ostalbkreis: „Zur Regionalplanänderung kamen die Stellungnahmen der Landesministerien völlig verspätet“, schreibt er auf Palmers Facebook-Seite, „und dann haben sich die drei Ministerien völlig widersprochen“.