Der Flüchtlingsstrom aus den Krisengebieten dieser Welt reißt nicht ab. Jetzt bringt auch Baden-Württemberg Flüchtlinge in Zelten unter.

Der Flüchtlingsstrom aus den Krisengebieten dieser Welt reißt nicht ab. Jetzt bringt auch Baden-Württemberg Flüchtlinge in Zelten unter.

 

Karlsruhe - Zur Aufnahme von immer mehr Flüchtlingen greifen nun auch die Behörden in Baden-Württemberg zu unorthodoxen Maßnahmen. Auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne in Karlsruhe wurde am Mittwoch eine erste von zwei geplanten Zelthallen errichtet. Damit erhöht das Land seine Kapazität für neu eintreffende Asylbewerber auf rund 4000 Plätze.

Derweil appellierte die SPD erneut an den grünen Regierungspartner, dem im Bundesrat umstrittenen Asylgesetz zuzustimmen. Indem man das Asyl auf politisch Verfolgte beschränke, schaffe man Platz für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, hieß es. Der Bundesrat will an diesem Freitag über das Gesetz der schwarz-roten Bundesregierung entscheiden; die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung haben Bedenken und können die Reform blockieren.

Zelthallen mit stabilen Seitenwänden

Die ersten, kleinere Zelthallen mit stabilen Seitenwänden auf dem Gelände der ehemaligen Mackensen-Kaserne in Karlsruhe soll bis zu 300 Flüchtlinge aufnehmen. Wenige Meter entfernt wird eine zweite größere gebaut, für insgesamt 700 Menschen. Das erste Zelt soll dann für Verpflegungszwecke eingerichtet werden. Diese Zelte unterscheiden sich von der Zeltstadt für Flüchtlinge, wie sie Anfang des Monats in Duisburg für Schlagzeilen sorgte. Die Karlsruher Zelthallen waren 2009 für die Unterbringung von Helfern beim NATO-Gipfel in Baden-Baden genutzt worden.

Der unerwartet starke Andrang von teilweise 500 neu eintreffenden Flüchtlingen am Tag habe zu einem Rückstau bei der Erfassung der Menschen geführt, sagte der zuständige Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Karlsruhe, Manfred Garhöfer. Das Personal in seiner Abteilung sei bereits aufgestockt worden. Die Unterbringung der Menschen habe zunächst Vorrang vor der Aufnahme der Asylverfahren.

Bei einem Besuch von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) in einem Notquartier in einer ehemaligen US-Kaserne in Heidelberg hatten syrische Flüchtlinge am Montag kritisiert, dass sie dort sinnlos Zeit verbringen müssten, ohne ihr Verfahren voranbringen zu können.

Das geht erst in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Karlsruhe. Es sei geplant, die Menschen in Heidelberg so schnell wie möglich nach Karlsruhe zu bringen, sagte Garhöfer. Im Anschluss an die meist etwa vierwöchige Zeit in der LEA werden die Asylbewerber dann auf Unterkünfte in den Städten und Landkreisen verteilt.

Die steigenden Flüchtlingszahlen bringen die Grünen unter Druck. Öney sagte der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Das Recht auf Asyl sollte auf die politisch Verfolgten begrenzt werden.“ Das vom Bundestag mit seiner schwarz-roten Mehrheit bereits verabschiedete Gesetz sieht vor, dass Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden. Flüchtlinge von dort hätten dann kaum noch eine Chance auf Asyl in Deutschland, ihre Anträge könnten im Schnellverfahren abgelehnt werden.

"Druck von allen Seiten"

„Ich spüre Druck von allen Seiten, das ist eine schwierige Entscheidung“, erklärte der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich. Die Gesetzesänderung könnte - so auch seine Sorge - das Recht auf ein individuelles Asylverfahren aushöhlen. Aber angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten müsse etwas passieren.

Der Bewerber für die CDU-Spitzenkandidatur zur Landtagswahl, Guido Wolf, erklärte, Grün-Rot habe am Freitag „die Chance, einen Beitrag dazu zu leisten, den aktuellen Zustrom zu drosseln“. Es sei eine humanitäre Verpflichtung, vor allem denen zu helfen, „die wegen echter Verfolgung aus Syrien und dem Nordirak zu uns kommen“.

Für Gruppen wie die Roma müssten andere Möglichkeiten geschaffen werden, „denn angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels brauchen wir Zuwanderung“, sagte Öney. In dem „Zeit“-Interview sprach sie sich dafür aus, dass die ostdeutschen Bundesländer mehr Flüchtlinge aufnehmen müssten: „Mancherorts verfallen russische Kasernen. Warum daraus keine Flüchtlingsheime machen?"