Die Stadt Stuttgart rechnet damit, dass 4000 Plätze für Flüchtlinge bis Ende 2015 benötigt werden. Vier von insgesamt sechs Objekte sollen gemietet, zwei neu gebaut werden. Die Kosten: rund vier Millionen Euro.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die kontinuierlich in die Höhe schnellenden Flüchtlingszahlen veranlassen die Stadt, im Jahr 2015 noch einmal 452 zusätzliche Plätze für Asylbewerber zu schaffen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, sollen vier Objekte in Bad Cannstatt, Zuffenhausen, im Westen und in Vaihingen gemietet und darüber hinaus zwei Gebäude in Weilimdorf in Systembauweise gebaut werden. Die Stadt veranschlagt Kosten in Höhe von vier Millionen Euro. Die Pläne sollen im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen am 10. Oktober genauer vorgestellt werden, anschließend werden sie auch noch in den betroffenen Bezirksbeiräten beraten. Es wird angestrebt, dass der Gemeinderat die Pläne am 6. November absegnet.

 

„Täglich suchen mehr Menschen Zuflucht bei uns“, so Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) in einer Erklärung. Es sei die humanitäre Verpflichtung der Stadt, den Flüchtlingen eine angemessene Unterkunft zu bieten. Laut der aktuellen Prognose geht die Stadt von rund 4000 Flüchtlingen aus, die Ende 2015 in Unterkünften in Stuttgart leben werden. Zum Vergleich: aktuell sind es 2230 Männer, Frauen und Kinder, bis Ende 2014 wird bereits mit mehr als 2800 Flüchtlingen gerechnet, die untergebracht werden müssen. Besonders viele kommen aus dem Bürgerkriegsland Syrien.

Das Geld für die neuen Unterkünfte an den fünf nun vorgestellten Standorten ist bereits im Haushalt eingestellt. Kurz vor Weihnachten 2013 hatte der Gemeinderat wie berichtet zugestimmt, für 21 Millionen Euro Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen. In einer ersten Tranche sind Systembauten an sechs Standorten mit 1038 Plätzen beschlossen worden, von denen die ersten in Plieningen und in Zuffenhausen bereits belegt sind und die anderen sukzessive bis zum Februar 2015 folgen sollen. Die vier Millionen werden nun aus dem 21-Millionen-Budget finanziert. „Jetzt realisieren wir die zweite Tranche aus dem Budget, das der Gemeinderat Ende letzten Jahres genehmigt hat“, informierte der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU).

Kuhn sieht Bund in der Pflicht

Man beschreite konsequent den Stuttgarter Weg und bringe die Menschen in der gesamten Stadt unter, betonte Kuhn. Er appellierte an den Bund, sich finanziell stärker einzubringen. „Ich meine, der Bund sollte sich seiner Verantwortung besser stellen und Städte und Länder finanziell entlasten. Schließlich ist die Unterbringung der Flüchtlinge eine Gemeinschaftsaufgabe“, so Kuhn.

Der OB ging in diesem Zusammenhang auch auf die mutmaßlichen Misshandlungen von Flüchtlingen durch Wachleute in Nordrhein-Westfahlen ein. Diese seien, wie auch die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten, auf die einige Kommunen in ihrer Not zurückgreifen, „Symptome für die Kraftanstrengung von Kommunen und Ländern“.

OB lobt die Bürger

Was seine eigene Stadt angeht, lobte der OB, dass Verwaltung, Stadtpolitik und Zivilgesellschaft beim Thema Flüchtlinge an einem Strang zögen. Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) geht davon aus, dass auch die neuen Flüchtlinge freundlich willkommen geheißen werden. „Ich bin sicher, dass wir auch für die neuen Flüchtlingsunterkünfte wieder aktive Freundeskreise gewinnen können“, sagte Fezer.

Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung werden allerdings noch knapp 65 Plätze im Jahr 2015 fehlen, wenn man auf die rund 4000 benötigten Plätze kommen will. Diese Lücke entsteht selbst dann, wenn die Systembauten der ersten Tranche fertig, alle angemieteten Plätze im Stadtgebiet belegt und die 452 Plätze mit hinzugezählt werden.

Die Aufnahme von Flüchtlingen ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe. In Baden-Württemberg weist die Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe die Flüchtlinge den Stadt- und Landkreisen zu. Dass Stuttgart auf Systembauten setzt, ist dabei ungewöhnlich. Das Interesse an den Bauten sei „sehr groß“, wie der Leiter des Lenkungskreises Flüchtlinge, Stefan Spatz vom Sozialamt, bestätigt. Vertreter ganz unterschiedlicher Behörden aus dem Land hätten sich zum Beispiel die Unterkunft Im Wolfer in Plieningen bereits angeschaut. Die Systembauten können nicht nur in kurzer Zeit hochgezogen werden, sie erfüllen darüber hinaus auch alle Anforderungen an den modernen Wohnungsbau.