Die Verwaltungsspitze von L.-E. beklagt angesichts der Flüchtlingswelle enorme Mehrarbeit und Folgekosten in Millionenhöhe.

Leinfelden-Echterdingen - Der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab. Leinfelden-Echterdingen steht vor einer gewaltigen Herausforderung. „Es brennt wirklich“, sagte Oberbürgermeister Roland Klenk am Freitag vor Journalisten und Stadträten. Und auch dem neuen Sozialbürgermeister Carl-Gustav Kalbfell treibt es angesichts der aktuellen Prognosen den Schweiß auf die Stirn.

 

Die Zahlen ändern sich ständig, mit steiler Tendenz nach oben. Eine seriöse Berechnung ist kaum möglich. Kalbfell versuchte dennoch eine Einordnung: In L.-E. müssen bis Ende 2017 doppelt so viele Plätze in Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung stehen wie bisher, rechnete er vor. Die Stadt muss bis dahin zudem Platz für mehr als 600 anerkannte Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung schaffen. In zwei Jahren würde die Stadt demnach 1200 neue Bewohner zählen. Nicht berücksichtigt ist hierbei, dass viele der Flüchtlinge später ihre Familie nachholen. Im Grunde müsste diese Zahl mit dem Faktor vier multipliziert werden.

Klenk prophezeite, dass in allen Stadtteilen noch weitere Flüchtlingsunterkünfte errichtet werden – vom Kreis für die Erstunterbringung, von der Stadt für die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge. Noch hat der OB keine Kenntnis darüber, ob auch in L.-E. Sporthallen belegt werden müssen.

Dennoch muss sich die Stadt mehr als nach der Decke strecken. Die Verwaltung hat eine Art Krisenstab unter der Leitung von Kalbfell gegründet. Man bastelt an einem Konzept, Bürger mit Wohneigentum davon zu überzeugen, leer stehende Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Unter der Prämisse der Freiwilligkeit, wie Bürgermeisterin Eva Noller betonte. Die Eigentümer via einer Satzung zu zwingen, davon hält Rathauschef Klenk wenig. „Das würde die Atmosphäre gewaltig vergiften“, sagte er.

Der Gemeinderat soll in den nächsten Wochen Ja zu mehr Personal in der Ausländerbehörde, im Planungs- und im Hochbauamt sagen, damit die „enorme Mehrarbeit“, wie Noller sagte, gestemmt werden kann. Die Verwaltung will Tempo beim Bau von Unterkünften für die Anschlussunterbringung, aber auch beim sozialen Wohnungsbau machen. Der Grund dafür ist, dass Bürger mit wenig Einkommen auf dem angespannten Wohnungsmarkt künftig nicht mit anerkannten Flüchtlingen konkurrieren müssen. Noller wünscht sich vom Gemeinderat, dass er der Verwaltung den Weg erleichtert, künftig an Bauland zu kommen.

Folgekosten in Millionenhöhe

Oberbürgermeister Klenk schloss am Freitag Steuererhöhungen nicht aus, um die „gewaltigen Folgekosten in Millionenhöhe“ für die Stadt abzufedern. Anstehende Projekte müssten gestrichen oder aber auf die lange Bank geschoben werden. „Ich bin nicht sicher, ob wir dieses Haushaltsjahr mit einer schwarzen Null abschließen können“, sagte er. Spätestens in den Folgejahren werde man ins Defizit rutschen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Erich Klauser zeigte sich trotz der enormen Anforderung, die auf die Stadt zukommen, optimistisch. „Wir haben schon andere Dinge geschafft“, sagte er. Schließlich seien viele Menschen in L.-E. bereit, sich zu engagieren. Ähnlich argumentierte auch Claudia Zöllmer (CDU). „Wir werden das schaffen“, sagte sie. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Grischtschenko geht davon aus, dass vom Bund Zuschüsse kommen werden. Die Stadt solle zudem als „seriöser Zwischen-Mieter“ leer stehende Wohnungen anmieten. Hans Huber (Freie Wähler) dagegen sagte: „Es fällt mir wirklich schwer, unaufgeregt zu bleiben.“ Die Regierung habe versagt und der Dreck bleibe nun an den Kommunen hängen.