Die Flüchtlingsarbeit im Kreis Göppingen wird von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Als dringend nötig bezeichnen sie zusätzliche Deutschkurse und Wohnungen für Flüchtlinge, die nach 24 Monaten die Gemeinschaftsunterkünfte wieder verlassen.

Region: Corinna Meinke (com)

Kreis Göppingen - Von einer sehr positiven Grundstimmung Flüchtlingen gegenüber spricht Marco Lehnert, der im Landratsamt als Abteilungsleiter im Amt für Asyl und Flüchtlingswesen für die Unterbringung der Menschen in Gemeinschaftsunterkünften, ihre Betreuung und Versorgung zuständig ist. Lehnert hebt das große ehrenamtliche Engagement der Menschen im Kreis hervor, die sich um die Flüchtlinge in den jeweiligen Orten kümmern. In nahezu allen 23 Kreiskommunen, in denen Flüchtlinge ein neues Zuhause gefunden haben, hätten Ehrenamtliche inzwischen Arbeitskreise für Asyl gegründet. Diese ergänzten die Arbeit der sechs Sozialbetreuer, die der Kreis in den Gemeinschaftsunterkünften einsetze.

 

Der Zustrom von Flüchtlingen hält an

Ende Januar lebten im Kreis Göppingen insgesamt 699 Flüchtlinge aus 37 Ländern in Gemeinschaftsunterkünften. Dazu kommen rund 300 Menschen, die bereits aus diesen Unterkünften in eine eigene Wohnung umgezogen sind. Eine Zahl, die angesichts des anhaltenden Flüchtlingsstroms nur eine Momentaufnahme sein kann, da immer mehr Menschen eine Zuflucht suchen.

Während das Asylverfahren bei Syrern und Flüchtlingen aus dem Irak nach Lehnerts Einschätzung relativ zügig vorankommt, müssen Menschen aus anderen Ländern oft sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Als Problem bezeichnet Lehnert die monatelange Ungewissheit für Flüchtlinge, die teilweise schon im September und Oktober in den Kreis gekommen sind, aber bis heute keinen Antrag auf Asyl stellen konnten, weil die Landesaufnahmestelle für Asyl in Karlsruhe mit dem Ansturm überfordert sei. Als Folge muss das Landratsamt die Geldleistungen in diesen Fällen bar auszahlen, da die Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung noch kein Konto einrichten dürfen.

Sprachkenntnisse sollen den Alltag erleichtern

Weil die meisten Flüchtlinge nur über geringe Deutschkenntnisse verfügten, benötigten sie im Umgang mit Behörden regelmäßig Unterstützung, berichtet Christl Czermin aus Geislingen. Die Kirchengemeinderätin hat gemeinsam mit anderen den Geislinger Arbeitskreis Asyl gegründet, dessen Mitglieder die Flüchtlinge bei Behörden- und Bankangelegenheiten unterstützen, sie bei Arztbesuchen begleiten und als Ansprechpartner für Schulen aushelfen.

Als belastend für alle Beteiligten schildert Czermin die bürokratischen Hürden. Teilweise mahlten die Mühlen sehr langsam, vor allem wenn es sprachliche Barrieren gebe. Entsprechend viel Zeit verbringen die Ehrenamtlichen deshalb auch mit Dolmetscherdiensten.

Die 60-Stundenkurse reichen nicht aus

Zwar erhalten die Flüchtlinge vom Kreis einen Deutschkurs mit 60 Stunden bezahlt, der von manchen Kommunen wie in Geislingen um weitere 60 Stunden aufgestockt wird, doch dieses Angebot wird von den ehrenamtlichen Betreuern nur als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet. Weiterführende Sprachkurse könnten die meisten Flüchtlinge nicht besuchen, weil ihnen dazu das Geld fehle, berichtet Heike Gehrer-Shelby, die im Auftrag des Diakonischen Werks Göppingen Flüchtlingsarbeit leistet. Gemeinsam mit dem Göppinger Freundeskreis Asyl möchte sie deshalb künftig einen kostenlosen Frauensprachkurs anbieten. Gehrer-Shelby lobt die 20 bis 25 Ehrenamtlichen, die sich in dem seit dem vergangenem Jahr wiederbelebten Freundeskreis „sehr engagiert“ um die Flüchtlinge kümmerten. Großes persönliches Engagement ist auch in Eislingen zu beobachten, wo sich 15 bis 20 Ehrenamtliche um derzeit 55 Flüchtlinge kümmern.

In Ebersbach werden Wohnungen dringend gesucht

In Ebersbach bezeichnet die SPD-Gemeinderätin Sonja Hollandt die Suche nach Wohnungen für 20 Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Daimlerstraße als drängendste Aufgabe, da die Flüchtlinge nach 24 Monaten die Unterkunft verlassen müssten. Gemeinsam mit der Kommune suche man vor allem für drei betroffene Familien Wohnungen am Ort, um die in Kindergärten und Schulen integrierten Kinder nicht erneut aus ihrem sozialen Umfeld zu reißen. Der Arbeitskreis Asyl koordiniere zudem Arbeitseinsätze der Flüchtlinge im Bauhof und beim Verein Bücher tun Gutes. Alles Aufgaben, die Ehrenamtliche auf Dauer nicht alleine bewältigen könnten.

Göppingen:

Anlaufpunkt für Flüchtlinge ist in Göppingen immer freitags von 14 bis 17 Uhr das Café Asyl im Pavillon der evangelischen Stadtkirche. Es wurde vom Diakonischen Werk initiiert. Ehrenamtliche bewirten die Besucher, bieten Kinderbetreuung sowie Nachhilfe für Schüler an und kümmern sich als Willkommenspaten um Familien. Ein Musiker aus dem Iran sorgt für musikalische Unterhaltung.

Geislingen:

Das von der Diakonie getragene Kaffeehaus in der Moltkestraße 27 lädt jeweils montags von 14 bis 17 Uhr Flüchtlinge zum Café Wellcome ein.

Eislingen:

Immer donnerstags von 14 bis 16 Uhr findet ein Spielenachmittag für Flüchtlingskinder im evangelischen Luthergemeindehaus in der Schulstraße statt. Dreimal pro Woche bieten Ehrenamtliche vom Arbeitskreis Asyl kostenlose Deutschkurse für Erwachsene an, die vom Arbeitskreis auch beraten werden.

Vorbereitungsklassen:

Das Staatliche Schulamt Göppingen hat kreisweit 22 Vorbereitungsklassen an Grundschulen und neun Klassen an Werkreal- und Gemeinschaftsschulen für Flüchtlingskinder eingerichtet. Im vergangenen Herbst wurden dort insgesamt 435 Kinder unterrichtet. Die Tendenz ist steigend. Nach den Faschingsferien wird auch die Silcherschule in Eislingen eine Klasse eröffnen. Finanzielle Mittel für weitere Klassen sind laut dem Schulamt vorhanden, es mangele allerdings mitten im Schuljahr an geeigneten Lehrern.