Der Verwaltungs-gerichtshof Mannheim passt seine Rechts-position an das neue Baugesetzt an. Das Roncalli-Haus kann ab sofort wieder als Asylbewerber-Unterkunft genutzt werden.

Oeffingen - In das Roncalli-Haus im Oeffinger Gewerbegebiet werden wohl schon bald wieder Asylbewerber einziehen. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat eine Eilentscheidung vom 14. März 2013 aufgehoben. Seinerzeit hatte der VGH Anwohnern des ehemaligen Lehrlingswohnheims Recht gegeben, die sich auf die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen. Wohnen ist in einem Gewerbegebiet nicht vorgesehen.

 

Das Gebäude kann ab sofort wieder als Asylbewerber-Unterkunft genutzt werden

Seit November vergangenen Jahres gilt das aber nicht mehr. Der Bundestag hat das Baugesetzbuch ein klein wenig verändert. Das soll die Unterbringung von Flüchtlingen erleichtern. „Von Amts wegen“ hat der VGH daher nun seine Rechtsprechung angepasst. „Damit haben die Klagen von zwei Grundstückseigentümern gegen die Baugenehmigung keine aufschiebende Wirkung mehr“, heißt es in der Pressemitteilung des VGH. Das Gebäude kann ab sofort wieder als Asylbewerber-Unterkunft genutzt werden. Eine Hauptsacheverhandlung in dem Berufungsverfahren steht allerdings noch aus.

Das juristische Tauziehen um das Gebäude, das bis 2010 von der Caritas für die Berufsförderung von Jugendlichen genutzt wurde, dauert bereits seit 2012. Während das Verwaltungsgericht Stuttgart zunächst das Asylheim zulassen wollte, hat sich der VGH als höhere Instanz auf die Seite der Anwohner gestellt und die Stadt Fellbach im vergangenen Jahr gezwungen, die Bewohner anderweitig unterzubringen. Sie sind jetzt in einem Containerdorf am Rand der Stadt einquartiert.

Das Urteil in Sachen Roncalli-Haus hat bundesweit Aufmerksamkeit erregt und zuletzt den Bundestag zu einer Änderung des Baurechts bewogen

Weil vielerorts in Deutschland Asylheime in Gewerbegebieten entstanden sind, hat das Urteil in Sachen Roncalli-Haus bundesweit Aufmerksamkeit erregt und zuletzt, auch auf Betreiben der baden-württembergischen Landesregierung, den Bundestag zu einer Änderung des Baurechts bewogen. Bis zum 31. Dezember 2019 darf nun die Baurechtsbehörde in Gewerbegebieten Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende zulassen und damit von den Festsetzungen im Bebauungsplan abweichen.

Die neue Rechtslage, aber auch der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber, haben nun die Gewichte bei Justizia verschoben zugunsten der Asyl-Unterbringung. Eine vom Regierungspräsidium erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ in Oeffingen sei nunmehr, so der VGH, voraussichtlich von dem neuen Absatz 10 in Paragraf 246 des Baugesetzbuchs gedeckt. Offene Rechtsfrage sei aber, ob die Genehmigung unbefristet erteilt werden durfte. Das will der Verwaltungsgerichtshof im Berufungsverfahren klären.

Nach Ansicht von Oberbürgermeister Christoph Palm war die Änderung der VGH-Rechtsprechung absehbar

Der Eigentümer des Gebäudes, der Oeffinger Bauunternehmer und Stadtrat Paul Rothwein, erfuhr von der Neuigkeit am Mittwoch durch den Anruf unserer Redaktion. Rothwein zeigte sich überrascht, aber auch erleichtert. „Ich bin froh, dass das so entschieden ist“, sagte er, schließlich habe er viel Geld in den Umbau des Hauses gesteckt. Es stehe dem Landratsamt kurzfristig für eine Weiternutzung zur Verfügung, nur ein paar Kleinigkeiten müssten in Ordnung gebracht werden. Nach Ansicht von Oberbürgermeister Christoph Palm war die Änderung der VGH-Rechtsprechung absehbar, „es ist aber immer schön, wenn die eigene Rechtsmeinung von Gerichten bestätigt wird“, sagte der Volljurist. Aktiv werden müsse die Stadt nicht, die Baugenehmigung gilt. Das Landratsamt rechne mit rund 60 Plätzen im Roncalli-Haus, damit verfüge Fellbach über 240 bis 250 Unterkünfte für Asylbewerber.

Die Kläger gegen die Unterkunft wollten auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben

Die Kläger gegen die Unterkunft wollten auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben, ihr Anwalt war nicht zu erreichen. Landrat Johannes Fuchs teilte mit, die Entscheidung sei aufgrund der veränderten Rechtslage überfällig gewesen. „Wir stehen unter gewaltigem Druck, daher müssen wir dafür Sorge tragen, dass das Gebäude zeitnah wieder belegt wird.“ Erst vor wenigen Wochen musste die Kreisbehörde eine Sporthalle in Backnang als Notunterkunft für fast 100 Flüchtlinge umwidmen.