In Ludwigsburg wird heftig über ein neues Asylbewerberheim gestritten. Die Stadt will in dem Gebäude bis zu 200 Menschen unterbringen. Die Anwohner fürchten chaotische Zustände.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Debatte um Flüchtlingsheime hat jetzt auch die Stadt Ludwigsburg erreicht. Im Stadtteil Grünbühl-Sonnenberg formiert sich Widerstand gegen den Beschluss der Verwaltung, dort in einem Interimsquartier bis zu 200 Asylbewerber unterzubringen. In zahlreichen Mails machten zuletzt Anwohner ihrem Unmut Luft, woraufhin die Stadt am Donnerstag zu einem Informationsaustausch einlud – doch die Differenzen bleiben. „Zeitweise wurde heftig diskutiert“, berichtet eine Teilnehmerin, die nicht namentlich genannt werden will. „Sonst stehe ich hier direkt am Pranger.“

 

Mischung aus Solidarität und Angst

Tatsächlich ist die Stimmung vor Ort nicht einheitlich. Bei der Versammlung verwiesen viele auch auf die dringende Notwendigkeit, den Flüchtlingen zu helfen. Weshalb der Bürgermeister Konrad Seigfried danach ein positives Fazit zieht. „Ich habe das überwiegend als angenehmes Gespräch empfunden“, sagt er, wohl wissend, dass „auch kritische Stimmen laut geworden“ seien. Nun gelte es, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. „Eines muss aber klar sein: Wir diskutieren nicht mehr darüber, ob wir die Pläne umsetzen, sondern nur darüber, wie wir sie umsetzen.“

Das Interimsquartier soll bis zu 200 Flüchtlinge aufnehmen

Denn die grundsätzliche Entscheidung ist gefallen. Schon in der kommenden Woche sollen die ersten Asylbewerber in den leer stehenden Wohnblock an der Straße Am Sonnenberg einziehen. Mittelfristig soll das Gebäude mit 150 bis 200 Personen belegt werden – allerdings nur bis Ende 2016, denn danach wird der Block abgerissen. Die Interimsnutzung als Flüchtlingsheim sei ein Gebot der Humanität, sagt Seigfried. „Es wäre nicht vertretbar, die Menschen in Turn- oder Fabrikhallen unterzubringen, wenn gleichzeitig am Sonnenberg ein ganzes Gebäude leer steht.“

Die Anwohner befürchten Chaos

Manche misstrauen indes der Ankündigung, es handle sich um ein befristetes Projekt. „In zwei Jahren wird uns dann erklärt, dass daraus eine Dauerlösung wird“, sagt eine junge Frau, die in unmittelbarer Nähe des Wohnblocks lebt. Sie halte es für richtig, dass die Stadt viele Flüchtlinge aufnehme, aber die Verteilung sei problematisch. „Wenn es 50 Leute in Sonnenberg wären, hätte niemand etwas dagegen, aber 200 sind zu viel.“ Sie und viele ihre Nachbarn seien besorgt, dass der Wert der Grundstücke falle. Dass der Stadtteil ein Imageproblem bekomme. Dass Chaos entstehe.

Die Stadt will den Kontakt zu Anwohnern intensivieren

Wie so oft, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen geht, mischt sich in den Aussagen moderate Kritik an Detailplanungen mit diffusen Ängsten und Vorurteilen. Auch Furcht vor steigender Kriminalität, Drogenhandel, Dreck oder davor, dass „die uns durch die Blumenbeete laufen“, wurde in Sonnenberg geäußert, weshalb Seigfried betont: „Asylbewerber sind ganz normale Menschen – darunter gibt es wie überall einzelne Kriminelle, aber einen Haufen Hochanständige.“ Die Stadt wird in dem Stadtteil jetzt einen wöchentlichen Asyl-Infoabend installieren, bei dem sich Anwohner, die Verwaltung und im besten Fall auch die Flüchtlinge gemeinsam über das Thema austauschen. „Das beste Mittel gegen die Ängste ist der unmittelbare Kontakt“, sagt Seigfried.