Die Bundesregierung will kommende Woche das Asylpaket II beschließen. Doch es gibt bereits weitergehende Pläne – vor allem bei der CSU und ihrem Chef Horst Seehofer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Vor fast drei Monaten hatten sich die Vorsitzenden der Regierungsparteien auf weitere Gesetzeskorrekturen verständigt, um Asylverfahren zu beschleunigen und Abschiebungen zu erleichtern. Die Beschlüsse wurden auf acht Seiten protokolliert. Seitdem ist aber nichts passiert. Zwischenzeitlich sind mindestens noch einmal 160 000 Flüchtlinge eingereist. Union und SPD beschuldigten sich wechselweise, für die Blockade verantwortlich zu sein. Am Donnerstag haben sie die Selbstlähmung der Regierung überwunden und sich dazu bekannt, das Asylpaket II rasch umzusetzen. Angela Merkel CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) haben sich auf drei Ergänzungen verständigt – die Beschlüsse von Anfang November sollen aber unverändert gelten.

 

Was enthält das Asylpaket II?

Die Asylanträge von Flüchtlingen mit geringer Bleibeperspektive werden künftig im Schnellverfahren bearbeitet. Das gilt für alle Personen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen, zum wiederholten Male einen Asylantrag stellen oder ihre Identität verschleiern. Sie werden in spezielle Unterkünfte überwiesen, wie Bayern sie bereits in Manching und Bamberg betreibt. Sozialhilfe gibt es für diese Menschen nur in der jeweiligen Unterkunft. Wer gegen die Pflicht verstößt, sich ausschließlich dort aufzuhalten, muss damit rechnen, dass er keine Hilfe mehr erhält und sein Asylverfahren eingestellt wird. Die Expressverfahren dauern selbst im Falle eines Widerspruchs bei Gericht maximal drei Wochen. Flüchtlinge, die nicht individuell verfolgt werden, könne ihre Familie vorerst nicht nachholen. Das gilt zunächst für zwei Jahre. Die Asylbewerber müssen einen Eigenbeitrag zu den Kosten von Sprachkursen leisten: zehn Euro monatlich. Flüchtlinge, die krank sind, werden nur dann nicht abgeschoben, wenn sie in ihrer Heimat nicht behandelt werden können. Für ärztliche Atteste gelten strengere Auflagen. Zudem haben sich die Koalitionäre darauf verständigt, neben den Balkanländern auch Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Das erleichtert Abschiebungen in jene Gegend.

Was ist damit zu erreichen?

Den größten Effekt erhofft sich die Regierung von den Auflagen für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. Das betrifft einen beträchtlichen Teil der Neuankömmlinge. Kommunen werden dadurch entlastet, weil aussichtslose Fälle bis zur Abschiebung in zentralen Unterkünften verbleiben müssen. Der eingeschränkte Familiennachzug gilt nur für einen kleinen Teil der Asylbewerber. Da die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien seit Dezember wieder einzeln überprüft werden und nur ein geringer Teil von ihnen individuell verfolgt wird, könnte es aber sein, dass diese Personengruppe rasch zunimmt. Im vergangenen Jahr waren es knapp 20 Prozent der Syrer. Insgesamt hatten 160 000 Syrer Asyl beantragt.

Ist der Koalitionskrach nun beendet?

Seehofer sagt, sein Treffen mit Merkel und Gabriel sei „ein guter Tag für die Koalition“ gewesen. Die Beschlüsse seien „ein gutes Beispiel dafür, dass wir die Dinge voranbringen und die Koalition handlungsfähig ist“. Mit Merkel habe er sich in „sehr entspannter und wohltuender Atmosphäre“ unterhalten. Allerdings sei er mit seinem Anliegen, die Zahl der Flüchtlinge unter der Obergrenze von 200 000 zu halten, „noch längst nicht am Ziel“. Über den Brandbrief der CSU an die Kanzlerin sei nicht gesprochen worden. Merkel muss sich also auf neuen Druck gefasst machen.

Gibt es weitere Asylreformen?

Bayern will neben dem Balkan und der Maghrebregion weitere sichere Herkunftsstaaten benennen. Vorschläge dafür hat der Freistaat am Freitag im Bundesrat eingereicht: eine Liste mit elf Ländern. Die SPD setzt sich dafür ein, das Bleiberecht von Auszubildenden zu verbessern analog zu den Vorschriften für Studienabsolventen. Diskutiert wird über Wohnsitzauflagen auch für anerkannte Flüchtlinge. Das große Thema der Zukunft ist ein Masterplan für die Integration. Der soll Ende März stehen.