Chima Onyeike und Christos Papadopoulos sind nicht unbedingt die natürlichen Freunde der Fußballer beim VfB Stuttgart. Die beiden Athletiktrainer des Bundesligisten sollen den Kickern im Trainingslager schließlich Beine machen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Lagos - Vielleicht müsste man einen Zeitzeugen befragen, wie das so war. Früher. Als dieser bullige Stürmer in die Strafräume der niederländischen Profiligen eindrang und sich die Verteidiger an ihm abarbeiteten. Etwa 92 Kilo Kampfgewicht verteilten sich damals auf die 1,92 Meter des Angreifers. Jetzt bringt Chima Onyeike 13 Kilo mehr auf die Waage – ein Plus an reiner Muskelmasse.

 

Viel hat er trainiert, seit Onyeike 2011 mit dem Fußball aufgehört hat. Imposant steht er also da, der neue Athletiktrainer des VfB Stuttgart. Ein Kerl, der einem Angst machen könnte mit seinen breiten Schultern, seinem mächtigen Oberkörper und seinem kahlen Schädel. Onyeike weiß das. Er weiß auch, dass er einen Teil seiner Autorität bei den Spielern aus seiner Statur bezieht. Doch er will lieber überzeugen als optisch beeindrucken, und er will nicht nur die Körper der Profis stählen, sondern in ihr Bewusstsein eindringen.

Onyeike ist kein Kasernenhoftyp

„Beim VfB haben alle Spieler Talent“, sagt Onyeike, „meine Aufgabe ist es, sie dahin zu bringen, dass sie ihr Potenzial auch optimal einsetzen.“ Klingt hart. Ist es auch. Allerdings nur als Training. Denn der 39-Jährige mit nigerianischen Wurzeln – dessen Name Onyeike sinnigerweise „Kraft“ bedeutet – ist beileibe kein Kasernenhoftyp. „Kein Sergeant“, wie er selbst sagt, der herumfuchtelt und seine Anweisungen herumbrüllt.

Onyeike verlangt von den Spielern nichts, was er nicht selbst klar anspricht und demonstriert. Ganz gleich, ob es Sprint-, Kräftigungs- oder Koordinationsübungen sind, ob sie mit Hanteln, Gummibändern oder nur dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden. Onyeike zeigt, wie es geht. „Das Wichtigste bei der Ausführung ist die Technik“, sagt der Niederländer, der sich den Job des Fitmachers nicht nur im portugiesischen Trainingslager in Lagos mit Christos Papadopoulos teilt. Jenem Griechen, der den VfB-Spielern schon seit vier Jahren Beine macht und der wie der natürliche Gegenentwurf zu Onyeike aussieht: klein und drahtig.

Gemeinsam ergeben sie ein ideales Kompetenzteam in Sachen Kraft und Kondition. „Papa weiß sehr viel über Fitness. Und ich bringe jetzt neue Impulse ein. Wir liegen auf einer Wellenlänge“, sagt Onyeike. Gemeinsam sind sie auch Teil eines sechsköpfigen Trainerteams, das Huub Stevens mit unterschiedlichen Charakteren besetzt hat, die der Chefcoach jedoch nur unter einer Prämisse zusammengeholt hat: den VfB vor dem Abstieg bewahren.

Außer den beiden Fitnessgurus Onyeike und Papadopoulos sind das noch der Torwarttrainer Andreas Menger sowie die beiden Assistenten Adrie Koster und Armin Reutershahn – zwei erfahrene Fußballlehrer, die sich um die technisch-taktischen Aspekte bei den Übungseinheiten kümmern. „Das Besondere dabei ist, dass Huub Stevens jedem von uns viel Freiraum gibt, um eigene Ideen einzubringen“, sagt Onyeike.

Erst Guus Hiddink, dann Huub Stevens

Doch wer der Chef ist, ist auch körpersprachlich klar. Breitbeinig steht er oft da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt – und beobachtend. Denn wo Stevens vor einigen Jahren noch selbst Hand anlegte, da vertraut er nun seinen Spezialisten. Er korrigiert und koordiniert, er dirigiert und delegiert, und er schafft ein offenes, leistungsförderndes Klima. „Wir Trainer gehen häufig zusammen essen“, sagt Onyeike, der Stevens zwar schon vorher kannte, ihn aber erst 2013 bei Paok Saloniki kennenlernte.

Zuvor arbeitete Onyeike zweieinhalb Jahre mit Guus Hiddink zusammen, bei Antschi Machatschkala. Einem Club, der viel Geld in seine Mannschaft pumpte und alternde Stars wie Samuel Eto’o und Roberto Carlos nach Russland lockte. „Da geht es in Stuttgart wesentlich ruhiger zu“, sagt Onyeike und zögerte keine zehn Sekunden, als ihn Stevens im vergangenen November anrief und fragte, ob er mit zum VfB wolle. Nur wenige Stunden nach dem Telefonat saßen sie dann gemeinsam im Flugzeug nach Stuttgart.

Jetzt zieht Onyeike, dessen Familie bisher in Amsterdam blieb, von einem Stuttgarter Hotel in eine Wohnung nach Fellbach. Frische Kraft will er dort tanken, wenn seine Frau und die drei Kinder ihn dort öfter besuchen. Alles, um damit den VfB im Abstiegskampf zu stärken.