Auf der Weltkarte wirken sie in der Weite des Atlantiks verloren: Die Inseln São Tomé und Príncipe.

Luma hatte einen Traum. Er wollte mit seinem Fußball-Nationalteam zur Weltmeisterschaft nach Südafrika reisen. Doch als im Jahr 2003 seine Jungs in Libyen mit 0:8 im Wüstensand untergingen, war der Traum ausgeträumt – kein Geld für Trikots, für Bälle, für Trainingseinheiten, für den Unterhalt der Sportplätze und schon gar nicht für Reisen zu Auswärtsspielen und Turnieren. Das Länderspiel vom 16. November 2003 war der letzte internationale Auftritt.

 

Heute ist Luma Touristenführer. Unter anderem. In der großen weiten Welt des Fußballs kennt ihn kaum einer, auch wenn vor kurzem eine bedeutende überregionale deutsche Zeitung eine halbseitige Reportage im Sportteil über ihn gebracht hat. Er arbeitet im Kleinen im zweitkleinsten Staat Afrikas. Dort kennt ihn Gott und die Welt. Er wird überall gegrüßt und begrüßt, zum Plaudern aufgehalten und um Rat und Tat gebeten. Luma zeigt Besuchern aus Europa und Afrika seine Heimat São Tomé und Príncipe. Wie? Wo? Es sind Stecknadelköpfe unter dem Äquator in der Unendlichkeit des Atlantiks. Ein Paradies fern des Massentourismus. Den portugiesischen Kolonialherren dienten die vulkanischen Erhebungen, die etwa 200 Kilometer westlich von Afrika liegen, jahrhundertelang als Sprungbrett nach Brasilien. Hier wurde mit Sklaven Geld verdient, bevor sich der winzige Archipel mit Kaffee- und Kakaoexporten einen Namen machte.

Luma verdingt sich als Reiseführer für die wenigen Fremden, die sich in dieses Fleckchen Erde verirren. Er begrüßt sie am Flughafen der Hauptstadt São Tomé. Hauptstadt? Der kleine Stützpunkt im einstigen portugiesischen Kolonialreich hat heute etwa 60000 Einwohner.

Die Kolonialherren haben in der kleinen Hauptstadt manche Spur hinterlassen. Luma kutschiert seine Gäste zu den architektonischen Relikten – wenn es sein muss, auch auf dem Rücksitz seines Mopeds: zur Festung vor der Altstadt mit dem Nationalmuseum, zum einstigen Gouverneurssitz, zur Kathedrale, zum alten Hafen, zum Kulturhaus, zur Markthalle, aus der farbenfroh gekleidete Frauen Obst, Gemüse und allerlei andere Dinge auf den Köpfen heraustragen. Er fährt sie auch hinaus zu den Stränden. Die Strände sind die Schätze dieser bitterarmen Inseln. Traumstände. Von Bucht zu Bucht ein neues Paradies, einsam und von Palmen und tropischen Bäumen gesäumt. Mal schlagen die Wellen sanft auf den Sand, mal hart an den Fels, und die Früchte fallen einem vor die Füße. Draußen auf dem azurblauen Meer schaukeln Fischerboote. Die Artenvielfalt der Meeresfauna ist riesig. Allein fahren die Fischer hinaus und bringen an Land, was der Ozean zu bieten hat. Und immer wieder prasseln Wolkenbrüche nieder. Hat man einen Regenschutz an, wird man nass, weil man schwitzt, hat man keinen an, wird man auch nass.

Die intakten Regenwälder, für die sich die internationale Holzmafia nicht interessiert, weil sie zu klein sind, ziehen sich hinauf bis an die über 2000 Meter hohen Vulkangipfel. Auch sie bergen Reichtümer: Wasserfälle, gewaltige Bäume, tropische Blüten, farbenfrohe Vögel, glasklare Bergbäche. Für jede Krankheit hat der Urwald ein Mittelchen parat – Kräuter, Beeren und Früchte mit erstaunlicher Heilkraft. Lumas jüngerer Bruder Tony kennt die Schätze wie kaum ein anderer.

Was für ein Kinderreichtum: Trauben von Mädchen und Buben an jeder Ecke. Ein Kulturschock, wenn man aus der westeuropäischen Seniorengesellschaft in dieses quirlige, junge Land kommt. Überall flitzen sie herum – die ganz Kleinen, die eben erst laufen gelernt haben, die Größeren, die die Kleinen mit sich schleppen und sich aus einfachen Resten etwas zum Spielen basteln, und die Großen, die mutig von den Felsen ins Meer springen.

Reiche Natur, arme Menschen: Fast alles muss importiert werden – Nahrungsmittel, Haushaltsgüter, Brennstoffe. Das meiste kommt aus Portugal und Frankreich. Sogar das Trinkwasser in Plastikflaschen wird aus dem einstigen Mutterland geholt, obwohl von den Bergen klares Wasser in Strömen fließt.

Nur wenige Tausend Touristen pro Jahr verschlägt es nach São Tomé und Príncipe. Sie kommen aus Portugal, Frankreich, Nigeria und Angola. Taucher schätzen die unberührte Unterwasserwelt, Naturfreunde die artenreiche Flora und Fauna des Regenwaldes. Tourismusdirektorin Miriam Barroso Daio sagt, São Tomé und Príncipe bieteten sich als Destination für sanften und hochwertigen Tourismus mit Kultur, Sport und Natur an. Mehr verkraftet die labile Infrastruktur nicht.

Außerhalb der kleinen Hauptstadt, die einige gute Hotels und saubere Pensionen bietet, gibt es Ferienanlagen, die internationalen Komfort bereithalten – aber auch ihren Preis haben. So auf Príncipe die Anlage BomBom Island Resort, auf São Tomé die Anlage Santana sowie das Fünf-Sterne-Hotel Pestana São Tomé und eine weitere auf der kleinen vorgelagerten Ilhéu das Rolas, unweit der Stelle, wo der Äquator den Archipel durchquert.

Einzigartig auf São Tomé und Príncipe sind die alten Rocas, die einst komfortablen Residenzen der früheren Plantagenbesitzer, von denen einige kurz vor dem Verfall für den naturnahen Tourismus aufbereitet wurden. Dort zu nächtigen, hat Flair. Wer es liebt, morgens die Sonne über dem Regenwald aufgehen zu sehen, wer mittags den Blick vom steilen Felsen der Roca Belo Monte auf die unendliche Weite des Ozeans und auf die paradiesische Bucht der Praia Banana genießt, wer in der Abenddämmerung den sanften Wind auf der hölzernen Veranda der Roca Bombain spüren möchte und wer nachts gerne in den südlichen Sternenhimmel blickt und den Rufen der Macacos (Affen) lauscht, der reist auch ein zweites oder drittes Mal in das arme, reiche Paradies im weiten Atlantik.

São Tomé und Príncipe

Anreise
Deutsche benötigen einen noch mindestens sechs Monate gültigen Pass und ein Visum, das man per E-Mail über die Botschaft in Brüssel erhält (40 Euro plus Versand). Es empfiehlt sich, Kopien des Reisepasses (samt Visum) und der Flugtickets getrennt von den Originalen im Gepäck mitzuführen. Linienflüge einmal wöchentlich mit der portugiesischen Fluglinie TAP (www.flytap.com) ab Frankfurt via Lissabon. Flugpreis etwa 900 bis 1000 Euro.

Reisezeit und Klima
Die Inseln haben ganzjährig Saison. Es herrscht tropisches Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit, 26 bis 32 Grad. Zwischen Mai und September fallen die wenigsten Niederschläge. Auch sonst dauern Regengüsse meist nur kurz. Das Meer ist fast badewannenwarm.

Währung

Die Landeswährung ist die Dobra (STD), die an den Euro gekoppelt ist (1 Euro entspricht 24500 Dobra). Es empfiehlt sich, Euro in kleinen Scheinen mitzuführen und vor Ort einzutauschen. Es gibt keine Bankautomaten. Kreditkarten werden nur in den wenigen Hotels akzeptiert. Man kann nur am Bankschalter in der Hauptstadt per Kreditkarte Geld abheben.

Telefonieren und Internet
Es besteht kein Roaming-Abkommen, so dass man mit dem Handy kein Netz nach Deutschland hat. In den beiden Inselhauptstädten São Tomé und Santo António gibt es wenige Internetcafés.

Essen und Trinken
Wer Fisch und Meeresfrüchte schätzt, kommt auf seine Kosten. Köstlich sind tropische Spezialitäten, die mit heimischen Kräutern und Gewürzen kulinarisch veredelt werden. Fleischgerichte sind seltener. Auch Früchte gibt es reichlich.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf keinen Fall mit Wertgegenständen und größeren Geldsummen protzen. Es fehlt an vielem, auch an Alltäglichem. Dennoch gibt es kaum Kriminalität. Die Menschen sind hilfsbereit und freundlich.Auf jeden Fall hier und da Kleinigkeiten wie Obst kaufen, denn die Menschen leben häufig davon.

Allgemeine Informationen
Es sind keine Impfungen vorgeschrieben, Malaria-Prophylaxe empfehlenswert. Es ist sinnvoll, sich fachärztlichen Rat einzuholen. Weitere Infos: www.stptourism.st, www.sao-tome.com

Reiseveranstalter
One World Reisen mit Sinnen, Neuer Graben 153, 44137 Dortmund, Telefon 0231/5897920, www.reisenmitsinnen.de. Ivory Tours GmbH, Großweidenmühlstraße 34, 90149 Nürnberg, Telefon 0911/3938520, www.ivory-tours.de