Atlas Losing Grip und Smile and Burn in Stuttgart: Da geht mehr als man meinen möchte, vor allem: ausgelassener Pogo. Das Punk-Rock-Duo brauchte nicht mal Witze über Stuttgart 21, um mit dem Publikum warm zu werden.

Stuttgart - Stuttgart und Punk? Ganz ehrlich: kein Traumpaar, zumindest tummelt sich auf entsprechenden Konzerten regelmäßig nur eine überschaubare Anzahl Musikliebhaber. Und auch wenn das beim Auftritt der schwedischen Band Atlas Losing Grip am Mittwochabend im Goldmark's (Universum) wieder genau so kam - irgendwie war da alles anders. 

 

Schon die Vorband – Smile and Burn aus Berlin – heizt dem Publikum ordentlich ein: Melodischer Punk und eine gute Portion Bombenstimmung machen das Liveerlebnis noch besser, als die Songs auf Platte sind. Den Zuhörern gefällt es sichtlich, was die Band verwundert: „Berlin und Stuttgart – das passt ja eigentlich nicht. Aber heute macht es echt Spaß.“ Der Gitarrist erklärt am Ende eines fulminanten Sets, die „Kalauer über den Berliner Flughafen und Stuttgart 21“ könne er jetzt stecken lassen – „wir sind ja auch so warm geworden miteinander.“

Im Dunst der Nebelmaschine

Dann ist es Zeit für die Schweden von Atlas Losing Grip, ganz rockstarmäßig im Dunst der Nebelmaschine die Bühne zu betreten. Die fünf Jungs sind optisch eine Mischung aus 90er-Heavy-Metal, Schwedenrock à la Backyard Babies und Hardcore-Superstar, nur mit kürzeren Haaren. Die wasserstoffblonden, kinnlangen Haare des schlaksigen Gitarristen Gustav Burn sind das Gegenstück von Bassist Stefan Bratts hautengen Jeans mit den knöchelhohen weißen Hipster-Trainern. Musikalisch trifft man sich irgendwo zwischen damals und heute, zwischen Punk Rock, Melodic Punk und einer gepfefferten Prise Metal-Appeal. Kleiner Eindruck:


Fette Gitarrenriffs, tighte Drums und cleaner Gesang sind alles, was es dann braucht, um das Publikum zum Tanzen zu bringen. Zunächst zaghaft fangen zwei Jungs an, sich herumzuschubsen, bis tatsächlich ein kleines Mosh Pit vor der Bühne entsteht. Pogo in Stuttgart! Die Band hat mindestens genauso viel Spaß; die beiden Gitarristen Burn und Max Huddén machen „Twin Guitaring wie Iron Maiden“ und Sänger Niklas Olsson hüpft rastlos zwischen Bühne und Fans hin und her.

Olsson ist erst seit letztem Herbst Sänger von Atlas Losing Grip. Auf der Bühne bewegt er sich aber als Teil eines homogenen Ganzen; so, als würde er das schon ewig machen. Ganz der gute Sportsmann, der er offenbar ist, erklärt er dann mittendrin auch selbst, dass er neu ist – nicht ohne zu erwähnen, wie toll selbstredend Rodrigo Alfaro, der frühere Sänger, sei. Er fordert vom Publikum einen Applaus für den Ex-Fronter, und glücklicherweise schaltet sich Gitarrist Gustav Burn ein, um wiederum eine Runde Applaus für Olsson selbst zu erbitten.

Nach keiner Minute Verschnaufpause ist es dann vorbei – natürlich nur fast, denn das Publikum lässt sich nicht lange bitte und fordert unisono „One more song!“. Kommt. Zwei Lieder gibt es obendrauf, und als Burn sagt, dies sei jetzt aber der letzte Song, ruft jemand aus dem Publikum: „Three Songs!“

Burn lacht, es bleibt bei einem. Der ist dann auch einer der ganz starken: „Unrest“. Burns erklärt: „Meine Mutter ist vor ein paar Jahren an Krebs gestorben“, das Lied ist ein liebevoller Abschied. „Das ist scheiße, aber was ich euch sagen will: Ruft eure Eltern morgen an und sagt ihnen, dass ihr sie liebt.“ Und dann gibt es nochmal drei Minuten voll auf die Zwölf.

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