In der Union gibt es einen heftigen Streit über den richtigen Weg zur Energiewende. Bayern will 2020 alle Atomkraftwerke vom Netz haben.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Die Vorschläge von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) für den beschleunigten Ausstieg aus der Atomkraft haben heftigen Streit über den richtigen Weg zur Energiewende ausgelöst. Dabei steht die Auseinandersetzung über die Finanzen im Mittelpunkt, über das Ziel des vorgezogenen Atomausstiegs herrscht Einigkeit. Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) hat indirekt erstmals eine Jahreszahl für den Ausstieg genannt: Er appellierte, "die gesamte Energiestrategie auf das Jahr 2020 auszurichten". Das wies CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe umgehend zurück. Er warnte ausdrücklich davor, Jahreszahlen zu nennen. "Wer am lautesten und schnellsten nach Jahreszahlen ruft, greift zu kurz."

 

Beim Streit um die Finanzen prallen die unterschiedlichen Interessen hart aufeinander. Die Kritik an den milliardenschweren Vorschlägen von Röttgen und Brüderle ist vielstimmig und hat dem Vernehmen nach auch in Bundesvorstand und Präsidium der CDU eine Rolle gespielt. Sowohl Finanzminister Wolfgang Schäuble als auch Fraktionsvize Michael Meister haben dem Vernehmen nach die Forderung nach zusätzlichen Milliardeninvestitionen für die Energiewende kritisiert.

Entscheidung über Finanzen und Konzept im Mai

Beide Politiker hätten wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf bestanden, dass die Schuldenbremse eingehalten werden müsse. In dem Ökofonds sollen sich laut Finanzministerium bis jetzt rund 75 Millionen Euro befinden; insgesamt sollen die Konzerne im Vorgriff auf die durch die Laufzeitverlängerung zu erwartenden Zusatzgewinne in diesem Jahr 300 Millionen Euro einzahlen. Die EnBW etwa hat in den ersten drei Monaten 16 Millionen Euro einbezahlt und sollte bis Ende des Jahres 65 Millionen überweisen. Sie hat aber wie die übrigen drei Konzerne die Zahlungen wegen des Moratoriums gestoppt.

Die CDU sei sich einig über eine Beschleunigung des Ausstiegs, betonte Gröhe im Anschluss an die Sitzungen. Röttgens und Brüderles Sechs-Punkte-Plan bezeichnete er als "wichtigen Baustein". Der Generalsekretär warnte aber davor, die drei Ziele Klimaschutz, Haushaltssanierung und die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts gegeneinander auszuspielen; alle drei müssten zu ihrem Recht kommen. Er kündigte an, dass die Union im Mai über Finanzen und Konzept entscheiden werde.

Wie wird der Atomausstieg finanziert?

Bis 2017 ist ein kompletter Ausstieg möglich

Das Sechs-Punkte-Programm, das Umwelt- und Wirtschaftsminister gemeinsam erarbeitet haben, schlägt Förderprogramme etwa für die Gebäudesanierung, den Netzausbau, den Aufbau von Offshore-Windparks und die Aufstockung des Klimafonds auf eine Milliarde Euro vom kommenden Jahr an vor. CDU-Fraktionschef Volker Kauder habe sich in der Sitzung erbost gezeigt, dass er erst aus den Medien von dem Konzept erfahren habe, hieß es.

"Im Prinzip ist der Sechs-Punkte-Plan vernünftig, doch ich frage mich, wo das Geld dafür herkommen soll", sagte der CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs; jeder müsse sich darüber im Klaren sein, "dass der Strompreis steigt, wenn der Atomausstieg beschleunigt wird". Auch der Haushaltspolitiker Norbert Barthle verwahrte sich dagegen, dass der vorgezogene Atomausstieg aus der Staatskasse finanziert wird. "Wenn Mehrkosten durch die Energiewende entstehen, dann müssen die Verbraucher sie tragen und nicht die Steuerzahler", verlangte er. Er sehe den Bedarf für weitere Gebäudesanierungsprogramme nicht. Eventuelle Mehrausgaben sollten die Ministerien jedenfalls aus ihren Etats selbst finanzieren.

Bis 2017 sei ein kompletter Ausstieg aus der Atomkraft möglich, betonte dagegen Jochen Flasbarth, der Chef des Umweltbundesamtes. "Große Preisveränderungen" erwarte er dabei nicht. Das Statistische Bundesamt bilanzierte am Montag die Entwicklung der Alternativenergien in den vergangenen zwanzig Jahren: Vervierfacht habe sich der Anteil seit 1990; 2010 steuerten sie 16,9 Prozent zur Stromversorgung bei.