Was ist ein GAU und wann ist man verstrahlt? Unser Glossar erläutert die wichtigsten Begriffe rund um das Thema Atomenergie.  

Stuttgart - Was ist ein GAU und wann ist man verstrahlt? Unser Glossar erläutert die wichtigsten Begriffe.

 

Atomenergie: Die Energiequelle ist die Kernspaltung: Instabile Uranatome zerfallen in mehrere kleinere Atome. Bei diesem Vorgang wird Energie frei, die Wasser erhitzt, das wiederum einen Stromgenerator antreibt.

Brennstab: Das spaltbare Uran ist in vier Meter lange und nur einen Zentimeter dicke Stangen eingeschweißt, die im Reaktorbecken gelagert werden. Es liegen immer mehrere Brennstäbe eng beisammen. Sie werden von Wasser umspült.

Druckwasserreaktor: In einem Druckwasserreaktor treibt das erhitzte Wasser einen Dampferzeuger an, in dem Wasserdampf entsteht, der anschließend durch die Turbine eines Stromgenerators strömt. Diese komplizierte Anordnung hat den Zweck, dass das Wasser, das mit den Brennstäben in Kontakt kommt, den Reaktor nicht verlässt. Im Dampferzeuger wird das Wasser des Reaktor- und des Turbinenkreislaufs nicht gemischt. Im Unterschied dazu wird bei einem Siedewasserreaktor das Wasser direkt im Reaktor verdampft und ohne Zwischenstation in die Turbine geleitet. Im japanischen Fukushima sind alle zehn Reaktoren Siedewasserreaktoren.

GAU: Der GAU ist wörtlich der größte anzunehmende Unfall. Geht es noch größer? Ja, es geht. Denn der GAU ist der schwerste Unfall, für den die Sicherheitssysteme noch ausgelegt sind. Meist heißt das: die Kühlung bricht zusammen und der Reaktorkern droht zu schmelzen. Für diesen Fall ist dann eine Notkühlung vorgesehen. Kommt es zur Explosion wie in Tschernobyl, darf man daher von einem Super-GAU sprechen.

Halbwertszeit: Alle radioaktiven Elemente zerfallen mit der Zeit. Die Halbwertszeit gibt an, wie lange es dauert, bis die Hälfte zerfallen ist. Jod-131, eines der Spaltprodukte des Urans, hat beispielsweise eine Halbwertszeit von acht Tagen. Bei Cäsium-137 sind es hingegen 30 Jahre und bei Uran-235 ganze 700 Millionen Jahre.

INES-Skala: Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO arbeitet mit einer siebenstufigen Gefahrenskala. Sie heißt INES, und die englische Abkürzung steht für: Internationale Skala Nuklearer Ereignisse. Die Vorfälle in Japan wurden zunächst als "Unfall" (Stufe 4) betrachtet, denn sie erfüllen die beiden Kriterien: begrenzte Schäden am Reaktorkern und geringe Freisetzung radioaktiven Materials. Die nächste Stufe ("ernster Unfall") wird ausgerufen, wenn sich die Schäden am Reaktorkern als "ernst" herausstellen. So wurde der Unfall im US-amerikanischen Atomkraftwerk Three Mile Island angesehen; die Explosion von Tschernobyl gehörte hingegen auf die höchste Stufe.

Kernschmelze: Wenn es im Reaktor zu heiß wird - spätestens wenn das ganze Wasser verdampft ist -, kann die Ummantelung der Brennstäbe schmelzen. Dann ist die atomare Kettenreaktion nicht mehr steuerbar und die geschmolzene Masse kann sehr lange glühen. Die produzierte Hitze genügt, damit sie sich durch die Wand des Reaktors frisst. Kommt die mehr als 2000 Grad heiße Masse mit kühlem Wasser in Kontakt, kann das Wasser so schlagartig verdampfen, dass es zur Explosion kommt und radioaktives Material in die Luft geschleudert wird.

Kontamination: Strahlenmediziner sprechen nie davon, dass Menschen verstrahlt würden. Sie nehmen entweder radioaktive Substanzen auf oder werden durch diese kontaminiert. Von einer Kontamination spricht man, wenn sich die radioaktiven Substanzen auf Kleidung oder Haut abgelagert haben. Deren Strahlung lässt sich mit einem Geiger-Zähler nachweisen. Die Maßnahme der Wahl im Fall einer Kontamination: gründlich waschen.

Neutronen: Neutronen sind Partikel, die eine Kernspaltung auslösen, wenn sie auf ein Uranatom treffen. Da bei jeder Kernspaltung weitere Neutronen frei werden, kann sich der Effekt lawinenartig fortsetzen: Eine atomare Kettenreaktion kommt in Gang. Bringt man genug Uran zusammen - bei Uran-235 genügen 49 Kilogramm - startet die Kettenreaktion von alleine. Um sie im Atomreaktor zu kontrollieren, werden Steuerstäbe zwischen die Brennelemente gefahren, welche die Neutronen absorbieren.

Radioaktivität: Der physikalische Begriff bezeichnet die Neigung bestimmter Atome zu zerfallen. Dabei kann ionisierende Strahlung entstehen, die dem Menschen schadet. Es wird auch von Alpha-, Beta- oder Gamma-Teilchen gesprochen, die beim radioaktiven Zerfall frei werden - aber die Physik macht keinen Unterschied zwischen Teilchen und Strahlen.

Restwärme: Auch nachdem die Steuerstäbe die Kettenreaktion unterbunden haben, heizt sich ein Reaktor weiter auf. Denn ein Teil der Uranatome zerfällt weiter und erzeugt Energie. Diese sogenannte Nachzerfallswärme muss durch das Wasser abgeführt werden. Das ist in einigen der japanischen Reaktoren nicht gelungen, der Reaktorkern hat sich dort gefährlich erhitzt.

Strahlenkrankheit: Ionisierende Strahlung kann man nicht wahrnehmen. Manche Strahlen dringen nur in die Haut ein und führen zu Verbrennungen und Haarausfall, andere gehen durch den ganzen Körper. Auf dem Weg können sie Moleküle zerstören - darunter auch die DNA der Körperzellen. Wenn das Erbgut geschädigt ist, kann Krebs entstehen. Wird die Dosis von 500 Millisievert überschritten, geht man von akuten Gesundheitsschäden aus. Aber auch wenn die Strahlungsdosis unter diesem Wert bleibt, können mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Spätfolgen auftreten. Die normale Jahresdosis eines Deutschen liegt bei zwei bis vier Millisievert.

Wasserstoffexplosion: Wenn die Metallrohre im Wasserbecken des Reaktors 800 Grad heiß werden, entsteht Wasserstoffgas. Wenn der Wasserstoff mindestens vier Prozent der Luft ausmacht, kann er explodieren. Diese chemische Reaktion wird im Unterricht Knallgasexplosion genannt. Bei den beiden Explosionen in Japan ist nur das Reaktorgebäude, nicht aber der Reaktor selbst beschädigt worden.