Die Atomgespräche mit Iran sind in Wien ohne Einigung zu Ende gegangen, die Verhandlungsfrist wurde verlängert. Der iranische Präsident Ruhani sagte, am Ende des Verhandlungswegs werde ein „Abschlussabkommen“ stehen.

Wien - Die internationalen Mammut-Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind bis Mitte 2015 verlängert worden. Kurz vor Ablauf der selbst gesetzten Frist erklärten die Delegationen am Montag in Wien, eine Einigung sei nicht mehr rechtzeitig erreichbar. Der iranische Präsident Hassan Ruhani gab sich zuversichtlich, dass ein Durchbruch gelingen werde. US-Außenminister John Kerry sprach von „echten und wichtigen Fortschritten“.

 

Binnen vier Monaten, also bis März, soll nun ein politisches Abkommen ausgehandelt werden, sagte Kerry nach dem Abschluss der mehrtägigen Verhandlungen der Außenminister der fünf UN-Vetomächte (USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich) sowie Deutschlands mit dem iranischen Chefdiplomaten Mohammed Dschawad Sarif. Der dazugehörige Anhang mit sämtlichen Detailregelungen soll voraussichtlich bis zum 1. Juli 2015 stehen. Bis dahin bekommt der Iran weiterhin monatlich 700 Millionen Dollar (rund 560 Millionen Euro) aus seinen eingefrorenen Guthaben.

„Wir wären dumm gewesen, wenn wir aufgegeben hätten“, sagte Kerry mit Blick auf den Aufschub. Er forderte die internationale Gemeinschaft und den US-Kongress auf, die weiteren Verhandlungen zu unterstützen. Der iranische Präsident sieht „die meisten Hindernisse ausgeräumt“. Im Staatsfernsehen sagte Ruhani am Abend, am Ende des Verhandlungswegs werde ein „Abschlussabkommen“ stehen.

Steinmeier: grundsätzlich Chance auf Einigung

Die beiden größten Streitpunkte bleiben die Urananreicherung und die westlichen Strafmaßnahmen gegen Teheran. Grundlage der weiteren Verhandlungen bleibt nun das Genfer Interimsabkommen vom 24. November 2013. Es sollte ursprünglich schon am 20. Juli 2014 zum Abschluss geführt werden. Aufgrund hartnäckiger Differenzen einigten sich beide Seiten damals aber, die Gespräche um vier Monate zu verlängern.

Nach der abermaligen Fristverlängerung stehen nun vorerst wieder Expertengespräche unterhalb der Ministerebene an. Die „neuen Ideen“ auf dem Tisch müssten einer „sehr, sehr präzisen, technischen Prüfung“ unterzogen werden, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius in Wien.

„Trotz sehr konstruktiver Verhandlungsatmosphäre sind wir leider nicht so weit gekommen, wie ich mir das gewünscht hätte“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die nächsten Gespräche dürften jetzt „nicht uferlos“ ausfallen und „allenfalls einige wenige Monate“ in Anspruch nehmen. Dennoch resümierte Steinmeier: „Keiner ist hier heute deprimiert aus den Verhandlungen gegangen.“ Die Chance auf eine Einigung bleibe „grundsätzlich bestehen“.

Netanjahu: „Keine Einigung ist besser als eine schlechte“

Ein dauerhaftes Abkommen soll die Rücknahme der Sanktionen gegen den wirtschaftlich schwer angeschlagenen Iran ermöglichen und ihm die friedliche Nutzung der Atomtechnologie erlauben – zugleich aber verhindern, dass die Islamische Republik in kurzer Zeit Atomwaffen entwickelt. Das nun vorerst weiter geltende Interimsabkommen sieht im Gegenzug für eine teilweise Lockerung der Handels- und Finanzsanktionen das Einfrieren des iranischen Atomprogramms und verschärfte Kontrollen vor.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüßte, dass zum jetzigen Verhandlungsstand kein internationales Abkommen vereinbart wurde. „Keine Einigung ist besser als eine schlechte. Das Abkommen, auf das der Iran drängte, war fürchterlich“, sagte er dem britischen Sender BBC.

US-Präsident Barack Obama hatte dagegen noch am Sonntag für eine Einigung geworben. Diese könne einen Prozess in Gang setzen, durch den „sich nicht nur die Beziehung zwischen dem Iran und uns zu verändern beginnt, sondern auch die Beziehung zwischen dem Iran und der Welt und der Region“, sagte er im US-Fernsehen.