Novum auf dem Neckar: Um sich ein Zwischenlager zu sparen, will der Energiekonzern EnBW Atommüll auf Schiffen transportieren. Proteste sind programmiert. Genauso wie ein langer Rechtsstreit davor.

Novum auf dem Neckar: Um sich ein Zwischenlager zu sparen, will der Energiekonzern EnBW Atommüll auf Schiffen transportieren. Proteste sind programmiert. Genauso wie ein langer Rechtsstreit davor.

 

Neckarwestheim - Erstmals könnte Atommüll in Deutschland per Schiff transportiert werden: Der Energiekonzern EnBW will die letzten hoch radioaktiven Brennstäbe des stillgelegten Atomkraftwerks Obrigheim auf dem Neckar ins 50 Kilometer entfernte Zwischenlager in Neckarwestheim bei Heilbronn bringen. Der Antrag auf Genehmigung werde „zeitnah“ gestellt, kündigte Jörg Michels, Chef der EnBW Kernkraft GmbH, am Donnerstag an. Seinen Angaben zufolge ist in Deutschland noch nie Atommüll auf einem Fluss transportiert worden. Umweltschützer kündigten Proteste an - und die Stadt Neckarwestheim will klagen.

Laut Schätzungen könnten Ende 2016 oder Anfang 2017 die 342 abgebrannten Brennelemente in 15 Castoren verpackt von Obrigheim ins Zwischenlager am AKW Neckarwestheim gebracht werden. Für die EnBW spricht vieles für den ungewöhnlichen Transport: So müsse in Obrigheim für die 15 Castoren nicht extra ein Zwischenlager gebaut werden. Das helfe auch, den Rückbau von Deutschlands ältestem Atomkraftwerk bis zur grünen Wiese schneller zu schaffen. Der Reaktor in Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) war 2005 abgeschaltet worden.

Eine Studie habe ergeben, dass nichts gegen den Transport spreche. Der Weg über den Neckar habe sich als die beste Variante herausgestellt, sagte Michels. Man beantrage aber auch eine Route über die Straße als Alternative. Beide AKW liegen am Neckar. In Obrigheim gibt es bereits eine Laderampe, in Neckarwestheim müsste eine gebaut werden. Auf ein Schubschiff passen drei Castor-Behälter. Wie viele Schiffe eingesetzt würden, stehe noch nicht fest.

BUND hält "Atommüll-Shuttle" für extrem riskant

Der Umweltverband BUND sprach bereits von einem „Atommüll-Shuttle“ auf dem Neckar, was extrem riskant sei. „Das von der EnBW geplante Hin- und Herfahren von hoch radioaktivem Atommüll muss gestoppt werden“, forderte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender. Schon kleinere Zwischenfälle könnten unabsehbare Folgen für Mensch und Umwelt haben. Der BUND sehe die Planung kritisch, zumal es keine Erfahrungen mit Castoren auf Binnengewässern gebe.

Der BUND plädierte dafür, den Atommüll dort zu lagern, wo er einst angefallen ist. Damit spricht er der Stadt Neckarwestheim aus dem Herzen. Man wolle in dem Fall Klage einreichen, sagte Bürgermeister Mario Dürr (parteilos). Bei Genehmigung und Inbetriebnahme des Zwischenlagers 2006 habe es das Versprechen gegeben, dass dort nur Atommüll aus Neckarwestheim gelagert werde. „Darauf bauen wir“, sagte Dürr. Die Genehmigung des Zwischenlagers endet 2046.

Das Atomkraftwerk Obrigheim wird seit 2008 zurückgebaut. Das Kraftwerk Neckarwestheim II wird als letzter der einst fünf Reaktoren in Baden-Württemberg 2022 abgeschaltet. Das Zwischenlager dort hat laut EnBW Platz für 151 Castor-Behälter, nur 125 davon würden für Atommüll aus Neckarwestheim benötigt, hieß es.

Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) hatte zuletzt gewisse Sympathien für eine Zusammenlegung der Castoren aus Obrigheim und Neckarwestheim geäußert. Er ist für die Atomaufsicht zuständig - und hätte dann nur noch zwei Zwischenlager zu bewachen. Zum Transport auf dem Neckar sagte Unterstellers Sprecher am Donnerstag nichts.