Ein syrischer Flüchtling ist vom Böblinger Amtsgericht wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt worden. Er hatte eine Frau im Stadtpark von hinten gepackt und in ein Gebüsch gezerrt. „Ich dachte, ich sterbe jetzt“, sagte sie.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Die 36-jährige Frau wollte nach einem Streit mit ihrem Mann nur Luft schnappen. Auf dem Weg zurück in ihre Wohnung wurde sie im Böblinger Stadtpark von hinten am Arm gepackt. Der Angreifer stieß sie in ein Gebüsch, legte sich auf sie und versuchte, ihre Hose zu öffnen. „Ich dachte, ich sterbe jetzt“, sagte die Frau als Zeugin am Böblinger Amtsgericht aus. Wegen versuchter Vergewaltigung, eines weiteren sexuellen Übergriffs und versuchter Körperverletzung ist am Mittwoch ein Flüchtling aus Syrien zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. „Ich bin schuldig und bereue es sehr“, erklärte der 26-Jährige am Ende des Verfahrens, „ich entschuldige mich bei ganz Deutschland.“

 

Kurz vor 2.45 Uhr war der Angeklagte am 8. Oktober im vergangenen Jahr in der Parkanlage am Oberen See auf sein Opfer gestoßen. Zuvor hatte er in einer Kneipe in der Nähe „viel Bier“ getrunken. Die Frau wehrte sich gleich lautstark gegen seinen Angriff. Als ein Nachbar in den Park rief, dass er die Polizei rufen werde, ließ der Täter zunächst von ihr ab. Doch kurz darauf packte er sie wieder, zerrte sie in das Gebüsch. Er versuchte, der Frau den Mund zuzuhalten, und würgte sie auch. „Ich habe meine ganze Kraft genommen“, sagte die 36-Jährige, und um sich geschlagen und getreten. Der Mann ließ dann von ihr ab und rannte davon. Weil ein Anwohner tatsächlich die Polizei gerufen hatte, war ein Streifenwagen kurz darauf am Tatort. Die Beamten fanden den Syrer hinter einer Hecke hockend und nahmen ihn fest. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.

Frau auf einer Kneipentoilette begrapscht

Nur sechs Tage zuvor hatte der Angeklagte eine andere Frau in Böblingen begrapscht. Er war wieder in dem Lokal in der Poststraße gewesen und hatte wieder viel Bier getrunken. Als die 19-Jährige auf die Toilette ging, folgte er ihr. Sie sperrte sich aber in einer Kabine ein, um sich zu übergeben, und ihr Freund kam dann zu Hilfe. Draußen auf der Straße nutzte der Syrer ihre Lage jedoch aus: Die Frau hatte in einem Taxi neben ihrem Freund Platz genommen und beugte sich aus der Tür, um ein weiteres Mal zu spucken. In dem Moment kam der 26-Jährige auf sie zu, steckte seine Hand unter ihr T-Shirt und berührte ihre Brust. „Es war ziemlich ekelhaft“, sagte die junge Frau vor Gericht, „ich fühlte mich wie ein Objekt.“ Ihr Freund stellte den 26-Jährigen zur Rede, der daraufhin seinen Gürtel aus der Hose zog, um ihn damit zu schlagen. Dann rannte er davon, doch ein weiterer Kneipenbesucher fing ihn ein und hielt ihn fest, bis die Polizei kam.

Zur Tat machte der Mann keine Aussage, er ließ seine Anwältin ein Geständnis verlesen. Im November 2015 war er mit seiner Familie über das Meer und die Balkanroute nach Deutschland gekommen. Psychischen Stress gab er als Ursache für die Taten an. Drei Wochen zuvor hatte seine Frau das gemeinsame dritte Kind im siebten Monat ihrer Schwangerschaft verloren. Sein in Aleppo lebender Vater war schwer erkrankt und ein Bruder angeblich verschwunden. „Das hat ihn belastet“, sagte die Anwältin. Auch dem Alkohol lastete er seine Vergehen an: Er hatte beide Male mehr als zwei Promille intus. Seine Verteidigerin forderte eine Bewährungsstrafe für ihren Mandanten. Dass er von der Frau im Park abgelassen hatte, interpretierte sie als „strafbefreienden Rücktritt“. Deshalb handelte es sich ihrer Meinung nach bei seinen Taten nur um sexuelle Übergriffe und nicht um eine versuchte Vergewaltigung.

36-Jährige wehrte sich vehement

Als Horrorfall bezeichnete der Richter den Angriff „bei Nacht im Park von hinten“ und als eine besonders verwerfliche Tat. Beim Vergewaltigungsversuch blieb es seiner Ansicht nach nur, weil sich die 36-Jährige vehement wehrte. Zielgerichtet nannte er den Übergriff bei der jungen Frau im Taxi und rein sexuell motiviert. Der Alkohol habe ihn dabei allenfalls enthemmt, aber nicht seine Steuerungsfähigkeit vermindert. Für die Opfer seien die Taten ausgesprochen erniedrigend gewesen. Seine Situation möge schwierig sein, so der Richter: Aber für den Krieg in Aleppo „sind nicht die beiden Frauen verantwortlich“.