Nachdem Verkehrsminister Dobrindt Audi den Einbau einer unzulässigen Software beim A7 und A8 vorwirft, nehmen die Staatsanwälte auch die Geschäfte in Europa unter die Lupe. Porsche ist vom Rückruf nicht betroffen.

Stuttgart - Die Münchner Staatsanwaltschaft weitet ihre Ermittlungen wegen des Abgasskandals bei Audi aus. Es gehe nun nicht mehr nur um Verkäufe in den USA, sondern auch in Deutschland und im europäischen Raum, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag. Konkrete Beschuldigte gibt es weiter nicht. Mitte März hatte die Behörde wegen des Verdachts auf Betrug und strafbarer Werbung mehrere Audi-Standorte durchsuchen lassen. Es ging dabei um rund 80 000 Autos der Marken VW, Audi und Porsche, die mit von Audi entwickelten Dieselmotoren ausgestattet sind. Diese waren von 2009 bis 2015 auf dem US-Markt verkauft worden. In den USA hatte die VW-Tochter den Einsatz einer nicht erlaubten Software eingeräumt, mit der die Stickoxidemissionen manipuliert wurden, um die scharfen US-Grenzwerte einhalten zu können. Die Staatsanwaltschaft will klären, wer dafür verantwortlich war.

 

Die Ermittlungen wurden nun ausgeweitet, nachdem Verkehrsminister Alexander Dobrindt dem Autobauer am Donnerstag überraschend vorgeworfen hat, in Europa eine unzulässige Abschaltvorrichtung in Wagen der Oberklasse eingebaut zu haben und damit den Schadstoffausstoß manipuliert zu haben. Es geht dabei um 24 000 Wagen der im Werk Neckarsulm produzierten Baureihen A8 sowie A7 mit V6- und V8-Motoren, die zwischen 2009 und 2013 verkauft wurden. Dobrindt sagte, die Autos hätten eine sogenannte Lenkwinkel-Erkennung. Die Software erkenne damit, wenn das Auto auf dem Prüfstand stehe. Sobald das Lenkrad um mehr als 15 Grad gedreht werde, erhöhe sich der Ausstoß von Stickoxid.

Audi-Chef Stadler reagiert ungewöhnlich scharf auf die Vorwürfe Dobrindts

Audi gibt dafür eine andere Erklärung. Danach erkennt die Software an der Stellung des Lenkrads, ob der Wagen geradeaus fährt oder ob eine Kurve kommt. Daran orientiere sich auch das Schaltprogramm, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Es gehe also nicht darum zu erkennen, ob das Auto auf dem Prüfstand stehe oder auf der Straße fahre. Bei den A8 und A7 mit Doppelkupplungsgetriebe, die den Großteil des Absatzes ausmachen, gebe es diesen deutlichen Anstieg des Stickoxidausstoßes auch nicht. Das Problem trete nur bei einer vergleichsweise kleinen Stückzahl mit einem sogenannten Drehmomentwandler auf. Die Motordrehzahl werde in manchen Bereichen ungünstig von der Getriebesoftware beeinflusst. Dadurch könnten sich die Emissionen verschlechtern und die Grenzwerte für Stickoxid um 20 bis 100 Prozent überschritten werden.

Audi-Chef Rupert Stadler reagierte ungewöhnlich scharf auf die Vorwürfe Dobrindts. „Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht“, sagte Stadler der „Automobilwoche“. „Wir sind alle zwei Wochen beim Kraftfahrtbundesamt und erstatten Bericht. Bei 24 000 Autos haben wir Auffälligkeiten gefunden,“ sagte Stadler. Diese Informationen habe der Autohersteller den Behörden selbst mitgeteilt, widersprach der Audi-Chef dem Eindruck, dass die von Dobrindt eingesetzte Untersuchungskommission eine illegale Software entdeckt habe.

Der Verkehrsminister hat Audi zu einem Rückruf verpflichtet

Die Untersuchung der Getriebe war im vergangenen November angestoßen worden, nachdem Audi in einem Medienbericht vorgeworfen wurde, dass die kalifornische Umweltbehörde Carb bei bestimmten Audi-Modellen mit V6-Motor, die in Europa verkauft wurden, eine illegale Software zur Manipulation von CO2-Werten gefunden habe. Danach erkenne die Software an der Stellung des Lenkrads, ob das Auto auf dem Prüfstand stehe. Werde das Lenkrad nicht bewegt, werde ein Schaltprogramm aktiviert, mit dem der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß niedrig seien. Dobrindt kündigte daraufhin an, dass das Kraftfahrtbundesamt diese Vorwürfe überprüfen solle. Nach Angaben des Audi-Sprechers hätten sie sich nicht erhärten lassen.

Der Verkehrsminister hat Audi nun zu einem Rückruf der betroffenen Audi A7 und Audi A8 verpflichtet. Bis zum 12. Juni muss der Autobauer Lösungsvorschläge vorlegen. Nach Angaben von Audi gibt es bereits eine solche Lösung. Voraussichtlich im Juli sollen die Wagen in die Werkstatt, wo eine neue Software aufgespielt wird. Der Zeitbedarf betrage etwa 30 Minuten.

Porsche ist von dem neuen Rückruf nicht betroffen

Bereits seit längerem läuft bei Audi der Rückruf der Wagen mit kleineren Dieselmotoren, der nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals von VW gestartet werden musste. Diese Rückrufe sollen nach Angaben eines Audi-Sprechers bis zum Jahresende abgeschlossen werden. Darüber hinaus muss die VW-Tochter auch Wagen mit großen Dieselmotoren in den USA nachbessern oder zurückkaufen. Davon ist auch Porsche betroffen, weil der Stuttgarter Sportwagenbauer die Motoren von der Konzernschwester bezogen hatte. Nach Angaben eines Porsche-Sprechers hat dieser Rückruf noch nicht begonnen, weil die US-Umweltbehörden die vorgeschlagenen Lösungen noch prüfen.

Die neuen Vorwürfe gegen Audi treffen Porsche nach Angaben des Sprechers nicht. „Porsche-Fahrzeuge sind von dem angekündigten Rückruf nicht betroffen“, sagte der Sprecher. „Die von Audi gefertigten Diesel-Motoren kommen bei Porsche zum Einsatz, jedoch sind diese fahrzeugtechnisch anders appliziert.“ Dies bedeutet, dass beispielsweise andere Getriebe verwendet werden. Derzeit läuft jedoch in Europa auf Druck des Verkehrsministers ein „freiwilliger“ Rückruf des Macan, weil bei diesem Geländewagen ebenso wie bei zahlreichen Modellen anderer Hersteller festgestellt wurde, dass die Abgasreinigung bei sinkenden Temperaturen zu früh heruntergeregelt wurde. Insgesamt sind davon 630 000 Autos betroffen, auch rund 252 000 Wagen verschiedener Varianten der Kompaktklasse von Mercedes-Benz mit Motoren von Renault. Der Rückruf der kompakten Mercedes-Autos hat Ende März begonnen.