Viele heutige Erwachsene verdanken ihre sexuelle Aufklärung den Artikeln des Dr.-Sommer-Teams aus der „Bravo“. Und Aufklärung heute? Sieht völlig anders aus.

Stuttgart - Die „Bravo“ wird alt: Das bekannteste deutsche Jugendmagazin feiert seinen 60. Geburtstag. Über Generationen hinweg wurden Jugendliche auch von der „Bravo“ aufgeklärt. Seit 1969 gab der Arzt und Psychotherapeut Dr. Martin Goldstein als „Dr. Sommer“ Antworten auf Leserfragen zum Thema Sex. Zu dem nach ihm benannten Team gehörten Psychologen, Gynäkologen sowie Kinder- und Jugendärzte. In der Hochphase gingen wöchentlich zwischen 3000 und 5000 Briefe ein, heute sind es noch um die 300. Wie und wo werden die Jugendlichen heute aufgeklärt?

 

Antonia Kemper aus Stuttgart hat selbst nie einen Brief an „Dr. Sommer“ geschrieben, aber „wenn man die Zeitschrift schon mal hatte, liest man sich schon auch die Fragen durch“. Aber eher alleine zuhause und ohne dass die Freundinnen dabei sind. „Wenn man die zusammen angeguckt hat, hat man die immer schnell weggeblättert, aber zuhause fa nd ich die Fragen dann doch ganz interessant, weil man redet ja nicht wirklich so darüber“, so die 18-Jährige. Dann freue man sich, dass andere für einen fragen. Monika Schnaube, ebenfalls 18 Jahre alt, bemerkt aber, dass sie sich die „Bravo“ nicht primär gekauft habe, um aufgeklärt zu werden. „Das war eigentlich eher wegen den Stars.“ Heute sei die „Bravo“ „nicht mehr so wichtig wie früher“, ist sie sich mit Freundin Sina Gericke einig, „die Sechs- bis Zwölfjährigen sieht man immer nur mit ihrem Handy.“ „Lesen ist heute eh nicht mehr so in“, bestätigt auch der 18-jährige Alexander Höger und lacht. „Eher Fernsehen, Youtube, Internet und Instagram, da kriegt man genug Informationen.“

Welche Rolle Pornos spielen

Auch pornografische Filme spielen während der Pubertät eine Rolle, vor allem bei den Jungs. In der Schule hätten sie oft mitgekriegt, wie die Mitschüler über Pornos reden, erzählen Alexander Höger und sein Kumpel Nico Plapp. „Und dann so daheim, klar, wer macht das nicht“, gibt Alexander Höger zu, „aber jetzt guck ich das nicht mehr, was man da auch alles findet, das will man sich gar nicht mehr anschauen eigentlich.“

In der Tat können einige Inhalte, die im Internet zu finden sind, für Jugendliche schädlich sein. „Das Gehirn ist im Pubertätsalter ja noch in der Entwicklung“ so Richard Horvath von der Profamilia-Beratungsstelle in Ludwigsburg, „und da können falsche Webseiten wie stark pornografische Inhalte, die Entwicklungsströme im Gehirn beeinflussen.“ Die Selbstaufklärung im Internet biete aber auch Chancen: „Wenn sich Jugendliche auf den richtigen Seiten ihre Infos holen, ist das natürlich nicht verkehrt, aber diese Seiten müssen erst mal gefunden werden“, so Horvath. Es sei deshalb auch Aufgabe der Eltern, sich aktiv dafür zu interessieren und zu verfolgen, wo ihre Kinder im Internet unterwegs sind.