Daimler plant eine Batteriefertigung in Untertürkheim. Eigentlich eine gute Nachricht, doch die Produktionsbedingungen sind ungewiss. Das löst Unruhe aus. Der Wind wird rauer in der Autobranche.

Stuttgart - Zumindest eine gute Nachricht hat der Daimler-Konzern für die aufgebrachten Beschäftigten am Standort Stuttgart-Untertürkheim bereit. Hier soll angegliedert an den Werksteil Brühl eine Batteriefabrik mit zunächst 100 Beschäftigten aufgebaut werden. Hinzu kommt: Der Konzern hat offenbar erkannt, dass ein Konfrontationskurs nicht zum Ziel führt. Ursprünglich sollte die Fertigung als Ableger der Daimler-Tochter Deutsche Accumotive im sächsischen Kamenz aufgezogen werden – die nicht der Tarifbindung unterliegt. Diesen Plan hat das Management bei der Betriebsversammlung am Donnerstag in der Schleyerhalle zurückgezogen.

 

Der schwere Abschied vom Verbrenner

Der Weckruf des Betriebsrats, der sich Sorgen um die Zukunft der Arbeitsplätze in den Zeiten der Elektromobilität macht, ist damit aber nicht überflüssig geworden. Dass die Zukunft dem E-Auto gehören wird, stellt der Vorstand, der lange gezögert hat, nicht mehr infrage. Wie alle anderen Fahrzeugbauer tun sich die Stuttgarter aber schwer mit dem Abschied vom Verbrenner. Kein Wunder, denn in der alten Benzin- und Dieselwelt sind sie die unumstrittenen Herren, die den Löwenanteil der Gewinne in der Branche abschöpfen. Die Welt der E-Mobilität verspricht sehr viel ungemütlicher zu werden: mit völlig neuen Wettbewerbern und einer Neuverteilung des Kuchens. Und es stellt sich die unbequeme Frage: Wohin nur mit den Fabriken und den Mitarbeitern, die künftig nicht mehr gebraucht werden?

Für seine deutschen Montagewerke in Sindelfingen, Bremen und Rastatt hat das Management eine Antwort gefunden, die für die Belegschaft einigermaßen beruhigend ist. Die Fertigung der zehn E-Auto-Modelle, die bis 2025 auf den Markt kommen sollen, wird in die Produktion an diesen Standorten integriert. Für das Stuttgarter Stammwerk ist das freilich keine Option. Das Schicksal der Untertürkheimer Fabrik hängt davon ab, wie es mit Motor, Achsen und Getriebe weitergeht. 10 000 der insgesamt 19 000 Männer und Frauen am Standort arbeiten am sogenannten Antriebsstrang. Betriebsratschef Wolfgang Nieke sagt zu Recht, dass sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren kein Werk so verändern werde wie Untertürkheim.

Wer fertigt die Batterien?

Und da gibt es keine einfachen Antworten. Da Elektroautos mit viel weniger Teilen auskommen als ihr konventionell angetriebenes Pendant, ist ein Beschäftigungsabbau programmiert. Verstärkt wird die Unruhe in der Belegschaft aber noch dadurch, dass der Vorstand bei Entscheidungen in Sachen Elektromobilität den Traditionsstandort bisher weitgehend ignoriert hat. Die Elektromotoren werden von einem Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Hildesheim geliefert, das Daimler zusammen mit Bosch betreibt. Und die Batterien kommen bis jetzt aus Kamenz. In der Fertigung der Batteriezellen, deren Wertschöpfungsanteil alleine so groß sein wird wie der des kompletten Antriebsstrangs beim Verbrenner, war Daimler engagiert, hat sich dann aber verabschiedet. Hinzu kommt, dass der chinesische Markt bei der E-Mobilität womöglich die weltweit größte Dynamik entfalten wird, so dass – nicht nur – Daimler gezwungen sein wird, dort erheblich zu investieren.

Die Daimler-Strategie ist unklar

Wie also sieht die Strategie von Konzernchef Dieter Zetsche aus? Bis jetzt ist nicht erkennbar, wie das Unternehmen seinen Wettbewerbsposition in der Automobilwelt der Zukunft behaupten will. Die Risikominimierung durch Partnerschaften sowie durch den Zukauf von Teilen scheint im Vordergrund zu stehen. Das darf aber nicht das letzte Wort sein, will der Konzern dem Anspruch seines Gründers Gottlieb Daimler – „Das Beste oder nichts“ – gerecht werden. Der Erfinder des Automobils sollte auch weiterhin den Ehrgeiz haben, viele Teile und Komponenten besser als die Konkurrenz machen zu können. Warum nicht auch – im zweiten Anlauf – Batteriezellen?