VfB-Aufsichtsratschef Dieter Hundt will Gerd Mäuser als neuen Präsidenten des Vereins. Doch die Frage ist, was die Mitglieder wollen.

Stuttgart - Wenn Erwin Staudt (63) am Samstag beim letzten Heimspiel in dieser Saison gegen Hannover 96 seinen Stammplatz auf der Haupttribüne einnimmt, wird er sich vermutlich nicht ausschließlich auf das sportliche Geschehen konzentrieren können. Denn die Nebensitzer werden von dem Präsidenten des VfB Stuttgart sicher einiges wissen wollen – speziell, wie er seinen möglichen Nachfolger Gerd Mäuser (53) findet. Der frühere Porsche-Manager, der seit neun Jahren dem Aufsichtsrat des Vereins angehört, soll Staudt auf der nächsten Mitgliederversammlung im September beerben. Allerdings gibt es dabei noch Fragezeichen. Aber der Reihe nach.

 

Nachdem schon länger klar ist, dass Staudt in diesem Jahr vom Aufsichtsrat nicht mehr zur Wiederwahl vorgeschlagen wird, sickerte jetzt durch, wie es in der Clubführung weitergehen soll – zumindest wenn es nach dem Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt (72) geht, der das VfB-Kontrollorgan leitet. Demnach soll der frühere Nationalspieler Hansi Müller (53) für Mäuser in den Aufsichtsrat rücken. Dabei dürfte Hundt der Zeitpunkt dieser Offenbarungen sehr ungelegen kommen, da die Mannschaft gegen den Abstieg kämpft und zur Rettung möglichst einen Sieg gegen Hannover braucht. „Es ist richtig, dass Überlegungen zur zukünftigen personellen Zusammensetzung der Vereinsgremien angestellt werden, aber Priorität hat eindeutig der Klassenerhalt. Erst danach beschäftigen wir uns mit allen anderen Themen“, sagt Hundt.

Mäuser ist noch lange nicht Präsident

In der Tat gibt es noch Klärungsbedarf. So ist Mäuser seit seinem Ausscheiden bei Porsche im September auf Jobsuche. Um Kontakte zu pflegen und aufzubauen, besuchte er in den vergangenen Tagen die Motorshow in Shanghai. Fündig ist er da zwar noch nicht geworden, aber angeblich führt Mäuser einige Verhandlungen – etwa mit einem nichteuropäischen Unternehmen aus der Automobilbranche über eine beratende Zusammenarbeit. Bei einer Einigung könnte es schwierig werden, diese Tätigkeit mit dem Einstieg als VfB-Präsident zu vereinbaren, eine Funktion, die hauptamtlich auszuüben ist und solche Freiräume kaum gestattet. Deshalb müsste Hundt die Sache dann nochmals prüfen – und womöglich neu bewerten.

Mäuser ist also noch lange nicht Präsident, zumal er auch von den Mitgliedern gewählt werden müsste. Dass die Pläne dennoch vor der Partie gegen Hannover öffentlich wurden, löst bei der Opposition große Verwunderung aus. Für deren Präsidentschaftskandidaten Björn Seemann (39) steht fest, dass die Informationen nur aus dem innersten Zirkel des Clubs stammen können. Auch Hundt weiß, dass der Kreis der eingeweihten Personen kaum über die Mitglieder seines Aufsichtsrats hinausreicht. „Ich bin von den Meldungen total überrascht“, sagt Seemann, „ich kann nicht nachvollziehen, dass der VfB in der jetzigen Situation diese Diskussion entfacht. Wir gehen auf jeden Fall einen anderen Weg und werden uns erst zu unseren Vorstellungen äußern, wenn der Klassenerhalt geschafft ist."

Mäuser würde Hundts Macht verstärken

Dabei ist die Angelegenheit Wasser auf die Mühlen der Opposition. Denn Mäuser ist ein enger Vertrauter Hundts – und so werden Seemann und seine Gefolgsleute den Kandidaten wahrscheinlich als Erfüllungsgehilfen seines alten und neuen Chefs betrachten. Die Kritik dürfte darauf abzielen, dass durch diese Rochade die Machtfülle von Hundt noch größer würde. Mäuser selbst will sich dazu nicht äußern. „Ich unterliege der Schweigepflicht und gebe kein Statement ab“, sagt er nur.

Mit Befremden dürfte auch der Manager Fredi Bobic reagieren – nicht wegen Mäuser, sondern weil der Aufsichtsrat außerdem überlegt, einen Beirat mit Fußballkompetenz zu gründen. Angedacht ist, dafür drei Personen zu bestellen. Doch damit würde die Arbeit von Bobic eher erschwert. Wie beispielsweise soll in diesem schnelllebigen Geschäft ein Transfer vollzogen werden, wenn zuerst die Meinungen von mehreren Fachleuten eingeholt werden müssten? Selbst wenn sie deckungsgleich sind, dürfte das die Sache zu lange verzögern. Zudem würde ein solcher Expertenkreis die Autorität von Bobic untergraben. Kolportiert wurde, dass Karl Allgöwer, Guido Buchwald und Jens Lehmann in diesem Beirat sitzen sollen. Aber das ist allem Anschein nach ein haltloses Gerücht. „Ich weiß definitiv von nichts“, sagt Allgöwer – genau wie Buchwald übrigens.