Bei der Abstimmung im Aufsichtsrat über die Neubesetzung scheint Ärger vorprogrammiert. Die Arbeitnehmer sind gegen die Berufung von Jürgen Wilder zum Chef der Güterverkehrssparte.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Bei der Deutschen Bahn AG droht der Streit um die Besetzung offener Vorstandsposten zu eskalieren. Nach Informationen dieser Zeitung will die Arbeitnehmerbank in der nächsten Aufsichtsratssitzung am 19. Oktober die geplante Berufung von Jürgen Wilder zum neuen Chef der gesamten Güterverkehrssparte im Konzern verhindern. Der Manager leitet bisher die DB Cargo AG, die größte Frachtbahn Europas, und sollte dort im Rahmen des Konzepts „Zukunft Bahn“ umstrittene Sanierungspläne durchsetzen, die inzwischen revidiert wurden.

 

Wegen des Konflikts hatte die Bahn die letzte Aufsichtsratssitzung, die vier Tage vor der Bundestagswahl stattfinden sollte, auf Drängen der Bundesregierung abgesagt. Neben Wilder soll am 19. Oktober der neue Personalvorstand Martin Seiler, der von der Deutschen Telekom kommt, als Nachfolger des aus Altersgründen ausscheidenden Arbeitsdirektors Ulrich Weber bestimmt werden. Bei der Besetzung dieses Postens haben Betriebsräte und Gewerkschaften maßgeblich mitzureden. Einig ist man sich im Aufsichtsrat auch über die Berufung der Informatikerin Sabina Jeschke zur neuen Digitalvorstandsfrau des Konzerns. Die Professorin für Maschinenbau soll von der Hochschule RWTH in Aachen nach Berlin kommen.

Aufsichtsratschef könnte den Ausschlag geben

Nach Informationen dieser Zeitung wollen mindestens neun Arbeitnehmervertreter in dem 20-köpfigen, paritätisch besetzten Kontrollgremium gegen die Berufung Wilders stimmen. Nur das Votum des Vertreters der leitenden Angestellten gilt noch als offen. Mit seiner bei einer Pattsituation doppelt zählenden Stimme könnte Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht womöglich eine einfache Mehrheit erreichen. Bei wichtigen Personalentscheidungen gilt jedoch zumindest eine Zweidrittelmehrheit als nötig und Einstimmigkeit als wünschenswert.

Doch Felcht kann nicht darauf vertrauen, dass die zehnköpfige Arbeitgeberseite seinem Vorschlag geschlossen folgt. Die zwei Vertreter der bisherigen Regierungspartei SPD gingen bereits mehrfach in Opposition und bis zur Neubildung des Berliner Kabinetts können sie weiter mitbestimmen. Erst wenn die Jamaika-Koalition klappt, könnten Vertreter der Grünen und der FDP folgen und die Kontrollaufgaben beim größten Staatskonzern übernehmen.