Konzernchef Rüdiger Grube holt den ehemaligen Kanzleramtschef Ronald Pofalla in das oberste Führungsgremium der Deutschen Bahn.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart -

 

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn (DB) hat bei einer Krisensitzung in Berlin über die schwierige Lage des größten deutschen Staatskonzerns beraten und einen Umbau der Führungsspitze beschlossen. Auf Vorschlag von Bahnchef Rüdiger Grube wird Ronald Pofalla, der frühere Leiter des Bundeskanzleramts und enge Vertraute von Regierungschefin Angela Merkel (CDU), am 1. August in den DB-Vorstand aufrücken. Der Ex-Minister soll künftig federführend für korrekte Unternehmensführung, Datenschutz, Konzernsicherheit und Rechtsfragen zuständig sein. Pofalla ist derzeit oberster Lobbyist der Bahn. Sein Wechsel zum Staatskonzern, der Ende 2013 kurz nach seinem überraschenden Ausscheiden aus dem Kanzleramt durchsickerte, hatte damals monatelang anhaltende Kritik ausgelöst. Der Politiker gilt unter anderem als maßgeblicher  Strippenzieher bei der damals höchst umstrittenen Entscheidung für den Weiterbau des Großprojekts Stuttgart 21, das für die Bahn viel teurer als geplant ist.

Grube wollte Pofalla möglichst rasch in den Vorstand holen. Nach der öffentlichen Protestwelle übernahm der Politiker zunächst nur den Posten des Cheflobbyisten. Auch Kanzlerin Merkel sprach sich später für eine „Karenzzeit“ bei solchen Wechseln von Politikern in die Wirtschaft aus. Daraufhin war damit gerechnet worden, dass Pofalla erst in den DB-Vorstand aufrückt, wenn der bisherige Amtsinhaber Gerd Becht im Frühjahr 2017 in Pension geht. Nun wird Becht deutlich früher schon zum Ende dieses Monats den vorgezogenen Ruhestand antreten, was erhebliche Mehrkosten für die Bahn zur Folge haben dürfte.

Der Bahnsprecher der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, kritisiert die Berufung des CDU-Politikers scharf. „Die Bahn sollte endlich Fahrgäste zuverlässig befördern und nicht ausgediente Spitzenpolitiker“, sagte Gastel. Pofalla habe seine Qualifikation für das Vorstandsamt noch nicht bewiesen. Der Politiker wird mit dem steilen Aufstieg sein vormaliges Gehalt vervielfachen, die DB-Konzernvorstände  verdienen pro Kopf deutlich mehr als eine Million Euro. Zweiter neuer Mann im Konzernvorstand wird - wie berichtet - der bisherige Fernverkehrschef Berthold Huber. Huber wird in der Holding künftig ab 1. August für den gesamten Personen- und Güterverkehr verantwortlich sein. Neben Grube, Pofalla und Huber werden unverändert Finanzchef Richard Lutz, Netzvorstand Volker Kefer und Personalchef Ulrich Weber im Konzernvorstand sitzen, der damit weiterhin sechs Personen umfassen wird. Kefer wird zusätzlich Stellvertreter von Grube. Technikchefin Heike Hanagarth verlässt wie berichtet bereits Ende Juli den Vorstand und den Konzern. Über die Auflösung der teuren Doppelstrukturen, die für den einst geplanten und gescheiterten Börsengang geschaffen wurden, soll erst gegen Jahresende entschieden werden.

Dabei geht es um die Abschaffung der Zwischenholding DB Mobility Logistics AG (DBML), in der Personen- und Güterverkehr sowie Logistik mit eigenen Vorständen vereint sind. Hier wird Ulrich Homburg, DBML-Vorstand für den Personenverkehr, seinen Job nun bereits zum 31. Juli verlieren. Homburg werden die schlechten Zahlen im Personenverkehr und untaugliche Konzepte zur Abwehr der neuen Konkurrenz der Fernbusse angekreidet.

Transportchef Karl-Friedrich Rausch geht wie Becht vorzeitig zum 31. Juli  in den Ruhestand. Der Vorstandschef der ertragsschwachen Güterbahn DB Schenker Rail AG,  Alexander Hedderich, verlässt den Konzern Ende August. Hedderich war ehemals rechte Hand des früheren Bahnchefs Hartmut Mehdorn bei den Privatisierungsplänen. Neuer Chef der DB Schenker AG wird Jochen Thewes. Über eine Teilprivatisierung von DB Schenker und DB Arriva soll bis Jahresende entschieden  werden. Am Dienstag wird Grube die Halbjahresbilanz des Konzerns vorlegen, der mit Ertragsproblemen zu kämpfen hat. Mit einem Sparprogramm, das bis 2019 die Kosten um mehr als 700 Millionen Euro senken soll, will der DB-Chef die Wende schaffen.