Flugzeugmotor, britische Telefonzelle, Fahrradrikscha - die Schätze des Trödelhändlers Krylyk.

Aulendorf - Die Leiter wackelt bedrohlich, als Walter Krylyk die Stufen hinaufklettert. Oben angekommen, zieht er vorsichtig den Kopf ein, schiebt ein paar Kartons und Holzleisten beiseite und macht sich an den Kisten zu schaffen. „Wo sind die russischen Gasmasken denn nur“, murmelt der Trödelhändler aus Aulendorf (Landkreis Ravensburg) vor sich hin. „Ich hab die doch irgendwo gesehen.“ Viel Platz ist nicht in dem Schuppen, in dem er sich befindet - weder im Erdgeschoss, noch auf der Empore: Hinter der Leiter steht eine indische Fahrradrikscha, daneben ein Verkaufsständer für Türgriffe, Kiste stapelt sich auf Kiste.

 

„Mir wächst das alles ein bisschen über den Kopf“, gibt Walter zu. „Ich müsste mal wieder Ordnung schaffen.“ Fünf Lager hat er bereits vollgestellt. Allein das Gelände in Aulendorf platzt aus allen Nähten. Im Hof stehen verrostete Oldtimer neben Blecheimern, Kinderwagen neben Autoscootern, hölzerne Haustüren neben einem antiken Wurstkessel.

In das fünfgeschossige Kaufhaus - „Walters Warehouse“ - kann man schon gar nicht mehr hineingehen. „Zuviel drin“, sagt Walter. Wie viele Artikel er hat, wo sie stehen, weiß er selbst nicht. Ein System gebe es nicht mehr, sagt Walter, der ein Geheimnis aus seinem Alter macht. „Ich habe alles - außer Waffen, Drogen, Frauen und Geld.“

Was neu dazukommt, wird irgendwo hingestellt. Doch nicht jeder in der knapp 10.000 Einwohner zählenden Stadt freut sich über den Anblick von soviel Trödel. Schätze, nennt Walter sie. Müll, meint manch anderer. „Der Standort ist verkehrstechnisch ein markanter Punkt in Aulendorf“, sagt auch Bürgermeister Matthias Burth. „Das ist natürlich nicht das optische Highlight, das die Stadt bietet. Da wäre es uns schon recht, wenn er die Sache anders gestalten würde.“ Die Gemeinde und das Landratsamt Ravensburg seien immer mal wieder im Gespräch mit Walter Krylyk gewesen, um Verbesserungen zu erreichen.

Krylyk muss seine Oldtimer-Sammlung Stück für Stück verkaufen

Inzwischen zwingen aber auch die Finanzen den Trödelhändler dazu, ein wenig Platz in seinem Lager zu schaffen. Mit alten Ami-Schlitten hat der Unternehmer vor vielen Jahren gutes Geld gemacht. Nun muss er seine Oldtimer-Sammlung Stück für Stück verkaufen, um über die Runden zu kommen. Laufende Kosten machen ihm zu schaffen, die Grundsteuer, Rechnungen für Wasser und Strom. „Die Leute geben ja kein Geld mehr aus“, sagt er. Die meisten Artikel verkauft er mittlerweile online.

Wenn ein Kunde zu hartnäckig feilscht - und Walter das Gefühl hat, dass er seine Artikel nicht richtig zu schätzen weiß - bricht er das Kaufgespräch schon mal kurzerhand ab. „Dann sage ich: Nein, jetzt will ich das nicht mehr verkaufen, das nehme ich mit nach Hause.“ Denn eigentlich, gibt er zu, würde er am liebsten gar nichts hergeben. Treue Kunden sind dagegen Sammler, Zirkusleute, Museen oder einfach Liebhaber von Antiquitäten.

Während Walter sich den Weg zu einem alten Zahnarztstuhl bahnt, klopft es am Tor. Davor steht Rudi Kurzweil, gekommen ist er eigentlich, um eine Frontscheibe für einen alten Chevrolet Bel Air zu kaufen. Nach einer guten halben Stunde Stöbern hält der Kunde aber etwas ganz anderes in der Hand - eben eine jener alten russischen Gasmasken, die Walter zuvor noch verzweifelt gesucht hatte. „Bei Walter findest du immer etwas“, sagt er. „Eigentlich müsste man sich eine Woche Urlaub nehmen, um wirklich alles zu sehen.“