Nach dem vorläufigen Ende für Hugendubel in Stuttgart hält sich die Konkurrenz mit Kommentaren auffallend zurück. Das Unternehmen soll bereits nach einem neuen Standort in der Stadt suchen.

Stuttgart - Während die einen vom sinkenden Niveau des Einzelhandels an der Königstraße sprechen, sehen sich die anderen durch das Ende des Buchhändlers Hugendubel in Stuttgart bestätigt. Derweil scheint das Münchner Unternehmen aktiv auf der Suche nach einer neuen Immobilie in der Innenstadt zu sein.

 

Als Hugendubel im Jahr 2008 seine Filiale unter der Adresse Königstraße 5 auf rund 4000 Quadratmetern eröffnete, wurde bereits der Abgesang auf den Stuttgarter Buchhandel angestimmt. Die Konkurrenz der großen Filialisten würde den kleinen Buchhändlern in den Bezirken und dem Platzhirsch Wittwer am Schlossplatz das Leben extrem schwer machen, wurde damals behauptet. Gute sechs Jahre später tritt der Filialist den Rückzug an.

Die Konkurrenz hat Wittwer am Anfang weh getan

„Ich will mich, was die Freude über diese Nachricht angeht, zurückhalten“, sagt Rainer Bartle, der Geschäftsführer von Wittwer. „Es gab aber schon schlechtere Nachrichten für uns“, fügt er hinzu. Hugendubel sei natürlich die direkte Konkurrenz gewesen. „Die hat uns am Anfang richtig wehgetan, am Ende hat sie uns nur noch geärgert“, beschreibt Bartle die Situation auf dem Stuttgarter Buchmarkt. Grundsätzlich sei es jedoch immer eine schlechte Nachricht, wenn ein Buchhaus schließen müsse, sagt Bartle. Der Geschäftsführer von Wittwer glaubt, dass die „horrende Miete“ ein Grund für den Rückzug von Hugendubel von der Königstraße sein könnte.

Auch für Wittwer spielt das Geschäft im Internet eine immer größere Rolle. „Dort haben wir hohe Zuwachsraten“, sagt Rainer Bartle. Ziel sei, einen zweistelligen Anteil am Umsatz im Netz zu erzielen. Das Hauptaugenmerk wolle man jedoch weiterhin auf die Filialen am Schlossplatz, in den beiden Breuningerländern sowie an den Unis in Vaihingen und Hohenheim legen, sagt Bartle.

Osiander setzt auf kleine Filialen

Beim Tübinger Unternehmen Osiander hat man den Schritt hin zu kleineren Filialen, den Hugendubel nun anstrebt, bereits getan. „Wir haben drei Geschäfte in der Stadt, eines im Gerber, eines im Milaneo und eines an der Nadlerstraße“, erklärt Christian Riethmüller, der geschäftsführende Gesellschafter. Jede Filiale hat etwa 500 Quadratmeter – Hugendubel an der Königstraße hingegen ist 4000 Quadratmeter groß. „Ich habe immer gesagt: entweder überlebt Hugendubel oder Wittwer in Stuttgart“, sagt Riethmüller. Er ist sich sicher: „Die Mieten, die an den Topadressen abgerufen werden, kann ein Buchhändler nicht bezahlen.“ Auch die kleinen Buchhändler in den Bezirken beobachten die Entwicklungen in der Innenstadt sehr genau. „Ich glaube, zwei so große Einkaufszentren parallel nach Stuttgart zu holen war eine Fehlplanung“, sagt Ursula Kloke, die Inhaberin des Botnanger Buchladens.

Auch sie spürt die Wirkung des Flächenbooms im Handel. Seit die beiden Einkaufszentren eröffnet haben, sei die Frequenz in ihrem Buchladen zurückgegangen. „Ich hoffe, dieser Effekt ist nicht von Dauer“, sagt sie. Während die großen Händler wie Hugendubel, Wittwer und Osiander immer stärker auf das Geschäft im Internet abzielen, konzentriert sich Kloke auf ihren Laden: „Wir haben eine Homepage, damit man uns im Netz findet, wir versenden aber nichts.“ Inzwischen kämen sogar mehr und mehr junge Menschen in ihren Laden, weil sie nicht mehr bei Internetriesen wie Amazon bestellen möchten, berichtet Kloke. „Wenn ich das höre, freut es mich immer.“

Milaneo-Mieter an der Königstraße

Der Wandel im Stuttgarter Handel geht mit rasanter Geschwindigkeit voran. Die Lücke, die der Buchhändler Hugendubel im kommenden Frühjahr hinterlassen wird, will die polnische Modekette Reserved schließen. Das ruft unterschiedliche Reaktionen hervor.

Aus Sicht von Ines Aufrecht heißt einer der wichtigsten Trends im Einzelhandel Filialisierung: „Das bildet das Konsumverhalten der Menschen ab“, sagt die Leiterin der städtischen Wirtschaftsförderung. Angesprochen auf das neue Konzept an der Königstraße sagt Aufrecht: „Es wäre falsch, darüber zu klagen, wenn Frequenzbringer aus dem Milaneo nun auch in die Innenstadt ziehen.“ Auch hier sei es wichtig, möglichst viele Menschen anzusprechen.

Die Händler in der Innenstadt bedauern diese Entwicklung hingegen: „Hugendubel ist ein Qualitätsgeschäft und hat ein entsprechendes Publikum angesprochen“, sagt Mattias Mußler, der Sprecher der Stuttgarter Traditionsgeschäfte. „Die Ansiedlung eines weiteren beliebigen Modelabels fördert hingegen die Uniformität der Stadt.“ Dadurch gehe der City ein Stück Vielfältigkeit verloren, sagt er und fügt an: „Ich hoffe, dass die Firma schnell wieder eine neue Fläche in Stuttgart findet.“