Im Hotel- und Gastronomiegewerbe bricht fast jeder vierte Azubi seine Ausbildung ab. Deshalb unternimmt die Branche große Anstrengungen, die Ausbildung attraktiver zu machen – sowohl an der Basis als auch im Spitzenbereich.

Stuttgart - Das alte Schulhaus in Mitteltal ist ein Schmuckstück geworden. Früher drückten hier die Jugendlichen des Baiersbronner Ortsteils die Schulbank, lernten das Abc und büffelten das kleine Einmaleins. Zuletzt war das Gebäude allerdings in die Jahre gekommen und stand leer. Für die benachbarte Hoteliersfamilie Bareiss ein glücklicher Umstand. Sie erwarb das denkmalgeschützte Haus und renovierte es. Im August des vergangenen Jahres startete dann in dem Gebäude die Bareiss-Akademie. 200 Schulungen im Jahr finden für die rund 250 Mitarbeiter statt – vom Azubi bis zur Führungskraft. Die Themen reichen von praktischen Anleitungen zum Telefondienst, Servicetechniken, gastronomischen Grundbegriffen, Küchenorganisation und vom Reklamationswesen bis hin zur Arbeitssicherheit, Warenausgabe, Bonpflicht und zum Brandschutz.

 

Hotelchef Hannes Bareiss betont: „Wir wollen den Berufsschulen nicht ihre Arbeit wegnehmen. Wir vermitteln hier unsere ganz spezielle Welt.“ Sein Vater Hermann meint: „Viele Branchenkollegen sind jetzt erst aufgewacht, dass sie bei der Ausbildung was tun müssen.“ Das Bareiss hingegen lege schon seit 30 Jahren sehr viel Wert auf das Thema. So hat er beispielsweise den Förderverein der Hotellerie- und Gastronomie (FHG) schon 1989 ins Leben gerufen. Der FHG arbeitet seither eng mit der Landesberufsschule in Bad Überkingen zusammen. „Das zahlt sich jetzt doppelt für uns aus“, sagt Bareiss. Gut 1000 Bewerbungen landen jährlich auf seinem Schreibtisch.

Auch Heimweh kann zum vorzeitigen Abbruch führen

Doch in der Branche an sich sieht es weniger gut aus. Nach Angaben des Statistischen Landesamts brechen 23,6 Prozent der Azubis ihre Ausbildung ab. Das ist mehr als der Landesdurchschnitt für alle Ausbildungsberufe. Er liegt bei 21,5 Prozent. Besonders schlecht ist die Abbrecherquote mit 28,7 Prozent bei den Restaurantfachkräften. Aber auch andere Berufe haben massive Probleme. Im Handwerk schmeißen 28,8 Prozent der Nachwuchskräfte vorzeitig hin.

Gründe für einen Abbruch gibt es mehrere, sagt Daniel Ohl, Sprecher des baden-württembergischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). „Die Arbeitszeiten bleiben ein Handicap“, räumt er ein. Ohl: „Wer Probleme hat, am Wochenende oder Abend zu arbeiten, für den ist der Beruf nicht geeignet.“ Bei so manchem Azubi war die Gastronomie zudem nicht die erste Wahl. Wenn er aber in seinem Wunschberuf nicht zum Zug kommt, beginnt er halt doch eine Kochlehre oder eine Lehre als Fachmann für Systemgastronomie. Nach den ersten Monaten kommt die Ernüchterung. Manchmal ist es aber auch schlicht und einfach das Heimweh, das zum Aus führt, weiß Hannes Bareiss. Junge Menschen, die in einem Hotel fernab der Heimat plötzlich nicht mehr von den Eltern täglich begleitet werden, verzweifeln daran manchmal.