Der Bezirksvorsteher Raiko Grieb sieht optimistisch in die Zukunft des kleinsten Stadtteils im Bezirk Stuttgart Süd.

Kaltental - Die Betreuungs- und die Einkaufssituation sind für den seit drei Monaten amtierenden Bezirksvorsteher Raiko Grieb die wichtigsten Themen für das kommende Jahr. Der 36-jährige SPD-Mann ist seit drei Monaten im Amt und hat sich für 2015 vorgenommen, gemeinsam mit den anderen Parteien möglichst viel für den Stadtteil Kaltental zu erreichen.

 
Herr Grieb, Sie sind seit Oktober der neue Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd und damit auch für Kaltental zuständig, das zum Verbreitungsgebiet der Filder-Zeitung gehört. Wie waren die ersten drei Monate Ihrer neuen Tätigkeit.
Es waren drei arbeitsame und interessante Monate! Ich habe viele Gespräche vor Ort, aber auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung geführt und habe so den Stadtbezirk noch besser kennen gelernt. Aus den Gesprächen nehme ich ein gutes Gefühl mit. Jedes Mal freut es mich, zu sehen, wie viele Menschen sich ehrenamtlich oder von Berufs wegen sachkundig, tatkräftig und mit Herz für den Bezirk und seine Einwohnerinnen und Einwohner einsetzen.
Wie oft waren Sie schon in Kaltental und welche Termine haben sie wahrgenommen.
Ich bin regelmäßig in Kaltental, schon allein wegen der Freunde und Bekannten, die dort wohnen. In meiner Funktion als ehrenamtlicher Bezirksvorsteher war ich seit Oktober insgesamt dreimal in Kaltental. Zuletzt bei der Weihnachtsfeier der Bürgerinitiative Kaltental auf dem Anna-Scheufele-Platz. Das war für mich eine Premiere. Es war schön zu sehen, wie sich die Schulkinder mit Weihnachten auseinandergesetzt und gezeigt haben, wie in anderen Ländern und Kulturen das Weihnachtsfest gefeiert wird. Ich bin mir sicher, dass ich nicht der Einzige war, der dabei etwas dazu gelernt hat.
Welchen Eindruck haben Sie von Kaltental gewonnen?
Ich habe den Eindruck, dass sich in Kaltental gerade viel entwickelt. Wenn man durch die Straßen läuft, dann sieht man viele kleinere und größere Baustellen. Häuser werden saniert und modernisiert, und viele junge Familien ziehen ein. Kinderstimmen hallen durch die Straßen und zeugen von jungem Leben. Das ist eine schöne Entwicklung, die viele Chancen birgt. Überhaupt: Kaltental ist ein ganz besonderer Stadtteil, in dem es sich naturnah leben lässt, ohne dass man dabei weite Wege ins Zentrum hat.
Was ist Ihrer Meinung nach das drängendste Problem in dem kleinsten Stadtteil des Bezirks Stuttgart-Süd und wie könnte man es lösen?
Für mich stehen zwei Themen im Vordergrund, für die sich zum Wohle der Betroffenen etwas verbessern muss. Das ist die Betreuungssituation für Kinder bis zu sechs Jahren, und das ist die Nahversorgung.
Können Sie das erläutern?
In Kaltental fehlen noch wohnortnahe Betreuungsplätze. Für davon betroffene Familien oder Alleinerziehende stellt sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwierig dar. Das wird vor allem dann zu einem echten Problem, wenn man darauf angewiesen ist, das das Kind gut versorgt ist, weil man arbeiten muss, um das Einkommen zu sichern. Die Stadtverwaltung sucht mit Hochdruck nach geeigneten Immobilien, um die Situation zu verbessern. Das stimmt mich hoffnungsvoll, dass wir 2015 noch was hinkriegen.
Das ist eines der beiden Themen.
Weiterhin unbefriedigend ist das Thema Nahversorgung. Vor allem für gehbeeinträchtige Bürgerinnen und Bürger gestaltet sich der Weg nach Vaihingen oder Richtung Innenstadt wegen der topografischen Lage Kaltentals als schwierig. Sie sind darauf angewiesen, dass es vor Ort ein ausreichend großes Versorgungsangebot gibt. Hier muss etwas passieren, wobei die Priorität darauf liegen sollte, bestehende Angebote zunächst zu unterstützen und vor Ort zu halten. Ich bin froh, dass sich seitens der Stadtverwaltung eine Sensibilität für das Thema entwickelt hat. Ohne die Zuhilfenahme finanzieller Mittel wird es meines Erachtens aber nur schwer gelingen, die Nahversorgungsstrukturen zu stützen – und zwar nicht nur in Kaltental. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir Kundinnen und Kunden mit unserem Einkaufsverhalten die Struktur vor Ort beeinflussen.
Nahversorgung war 2014 immer wieder ein Thema in Stuttgart. Offiziell ist Kaltental kein Defizit-Gebiet. Ist dies Ihrer Meinung nach die richtige Entscheidung?
Sie sprechen das Gutachten zur Nahversorgung an, das die Stadtverwaltung in Auftrag gegeben hat und dessen Ergebnisse nach meinem Kenntnisstand im Frühjahr dem Gemeinderat präsentiert werden sollen. Unabhängig davon, welches Gebiet die Gutachter als Defizitraum definieren, ist die Situation in Kaltental, wie ich bereits sagte, unbefriedigend. Von der Stadtverwaltung müssen deshalb die bekannten Handlungskonzepte nochmals ernsthaft auch für Kaltental geprüft werden. Ich möchte nicht, dass so lange gewartet wird, bis Kaltental den Definitionskriterien eines Gutachters entspricht, bevor gehandelt wird.
Der Stadtteil wird von der viel befahrenen Böblinger Straße zerschnitten. Wie kann der Stadtteil gerade im Tal schöner werden?
Die Ortsdurchfahrt entlang der alten B 14-Strecke muss eine städtebauliche Aufwertung erfahren. Ein erster Schritt wurde getan, indem sie in 2012 zum Stadterneuerungsvorranggebiet festgelegt wurde. Nun muss auch der nächste Schritt gegangen werden. Im Bezirksbeirat wurde deshalb schon vor Jahren der Antrag gestellt, vorbereitende städtebauliche Untersuchungen zu erstellen mit dem Ziel, hier ein Sanierungsgebiet auszuweisen. Finanzielle Effekte wären die Folge und es könnte dadurch zu einer Aufwertung des Gebiets kommen. Hierfür bedarf es allerdings eines langen Atems. Deshalb gibt es kurzfristig nur die Chance, mit Einzelmaßnahmen den öffentlichen Raum zu verschönern und sich darüber klar zu werden, welche Funktion die Böblinger Straße samt angrenzendem Gebiet in Zukunft für Kaltental erfüllen soll.
Ist die Aufhübschung des Dreiecksplätzles ein Anfang? Bei vielen Anwohnern stößt sie auf Ablehnung. Sie wird als Geldverschwendung angesehen. Die Kritik lautet, dass sich dort wegen des Lärms und der Abgase sicher niemand wird hinsetzen wollen.
In Gesprächen vor Ort habe ich erfahren, dass die Umgestaltung des Dreiecksplätzles kontrovers diskutiert wird. Ich habe ablehnende wie auch befürwortende Aussagen zu hören bekommen. Ich selbst schließe mich der Auffassung des Bezirksbeirats an, dessen einstimmiger Beschluss von vor etwa zwei Jahren der Überzeugung Ausdruck verlieh, dass die Umgestaltung den Platz verschönern wird. Und ich bin mir sicher, dass eine solche bauliche Umgestaltung – auch wenn sie noch so klein erscheinen mag – positiv auf die Umgebung ausstrahlen wird und ein erster Schritt in Richtung mehr Aufenthaltsqualität in der Mitte Kaltentals ist.
Was wünschen Sie sich für den Stadtteil im Jahr 2015 und welche Schlagzeile möchten Sie nächstes Jahr in der Filderzeitung über sich lesen?
Das Schönste, was man einem Stadtteil wünschen kann, ist es, wenn sich die Bewohner noch wohler fühlen als im Jahr zuvor. Ich will dazu beitragen, zum Beispiel indem der Stadtteil wieder eine verstärkte Aufmerksamkeit innerhalb des Stadtbezirks Süd erfährt. Positive und notwendige Veränderungsansätze will ich unterstützen und hoffe, dass erste Ergebnisse in einem Jahr sichtbar sind und dann auch in der Presse ihren Niederschlag finden.